So leicht ist es, ein paar Zeilen zu schreiben

Die Sucht. Super. Ich streiche die Asche von den Tasten. Puste sie herunter. Ziehe an der Zigarette. Und warte auf Worte. Meistens muss ich nur kurz warten. Ein paar Sekunden. Manchmal nicht mal eine. Es kommt drauf an. Auf die Stimmung. Auf mein Gemüt. Auf das, was um mich herum geschieht. Es geschieht immer irgendetwas. Die Mauersegler segeln. Die Wolken ziehen. Das Meer rauscht an den Strand. Ich habe was getrunken. Bier, Wein und Sekt, eine fantastische Mischung. Wie ich vorhin verkündete, habe ich den Roman BLOCK aufgegeben. Es ist nicht tragisch. Mir schwebt etwas Neues vor. Deutschland hat 1:2 gegen Spanien verloren. Knapp. Leider. Kaum zu glauben, aber die Erde dreht sich trotzdessen weiter. Und wir atmen immer noch. Der Natur ist das egal, den vollen Köpfen nicht. Jetzt trinke ich Wasser. Es ist kein Alkohol mehr im Haus. Ich könnte mir einen Tee machen. Oder einen Kaffee. Ich könnte auch ins Bett gehen. Wenn ich wollte, könnte ich am Strand langspazieren. Ich fühle mich frei. Rede ich mir zumindest ein. Um meine Freiheit ausleben zu können, bin ich zu müde. Scheißegal. Ich bin unausgeglichen. Eben weil ich gefressen und getrunken habe. Die Wampe hat sich aufgebläht. Morgen stelle ich mich nicht auf die Waage. Vermutlich würde ich einen Schock bekommen. Auf jeden Fall würde ich mich tierisch ärgern, schon jetzt den Süchten wieder verfallen zu sein. Der Körper hat Zucker und Alkohol bekommen. Und Weizen. Vier Wochen lang bin ich clean gewesen. Fast jedenfalls. Nun heißt es wieder, Disziplin an den Tag zu legen. Koste es, was es wolle – fünfzehn Kilo sollen weg! Nein, ich bin nicht frei. Ganz und gar bin ich es nicht. Doch bin ich freier, als mein guter Freund X zum Beispiel. Er hat sich sein Gefängnis selbst gebaut. Unglücklich hat er sich gemacht. Und das nur, weil er einem anderen Menschen helfen wollte. Jetzt könnte man meinen, der andere Mensch hat ihn unglücklich werden lassen. Doch das wäre zu einfach. Dein Leben liegt in deiner Hand, lieber X. Immerwährend wartest du auf das Schicksal. Ich sage dir eins: Geh deinem Schicksal entgegen, pack es beim Schopf und schleudere es von dir fort. Es wird sich erholen, von ganz allein. Es wird wiederkommen. Bis dahin aber sei du der Herr über dein Leben. Lass dich nicht länger gehen.

Samstagmorgen um 5 Uhr 20.

Der Himmel zartrosa. Kaum ein Windhauch. Die Vögel zwitschern schon vergnügt. Sind sie es auch? An manchen Tagen gelingt dir nichts. Der Morgen fängt schon scheiße an. An solchen Tagen ist es besonders schwierig, sich die guten Ideen zu schnappen, die es braucht, um kreativ zu sein. Aber eigentlich bin ich nur müde. Die Nikotinbestien haben mich aufstehen lassen. Ich schaffe es nicht, jetzt schon wieder ins Bett zu huschen. Erst wollen ein paar Zeilen raus. Wahrscheinlich keine besonderen. Blabla. Stört mich nicht. Auf jeden Fall geht es mir besser. Es geht mir besser, weil ich mich nicht mehr mit BLOCK abmühen muss. Die radikale Akzeptanz jedoch hat mich noch nicht vollends überzeugt. Dafür habe ich es zu lange versucht – immerhin sechs Jahre lang. Nur der erste Teil, die ersten 55 Seiten, fühlen sich gelungen an.

Zehn vor sieben am Samstagabend.

Im Meer ist es heute herrlich gewesen. Ach, der ganze Tag war herrlich. Ich habe mir einen Strandkorb gemietet, gelesen, geschaut, genossen. Beinahe ist es mir schon zu heiß. — Ich kann es kaum abwarten, mit dem neuen Buchprojekt zu beginnen. Und ich hoffe so sehr, dass ich es durchziehe. Aber was willst du machen, wenn die Leere Einzug erhält? Die Blätter der Hecke rascheln. Ein Schwarm Möwen fliegt in Richtung des Meeres. Eine Taube gurrt von irgendwoher. Mit gebeugtem Rücken sitze ich vor meinem Laptop auf der Terrasse und denke. Ich denke. Dann schreibe ich wieder ein paar Worte. Mich stört hier kein Mensch. Der Abend ist noch ganz jung. Und ganz neu. So jung und neu, wie jeder Abend. Was für ein purer Luxus, hier Urlaub machen zu dürfen. Der Alltag liegt seit vier Tagen hinter mir. Schon jetzt fühle ich mich erholt. Und ganze sieben Tage liegen noch vor mir. Ich bin so dermaßen dankbar, dass ich stets mit meiner freien Zeit etwas anzufangen weiß und mich nicht langweile. Langeweile ist schrecklich. Aus Frust oder Verzweiflung den Fernseher einzuschalten, ist armselig.

Soeben habe ich beschlossen, für den Augenblick Schluss zu machen und mich in mein Buch zu vertiefen.

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