Die Finger verharren über den Tasten. Die Hoffnung verharrt im Hirn. Beharrlich schreibe ich weiter. Immer weiter. Kilometerlange Strecken. Was geschrieben steht, steht. Das heißt nicht, dass es wahr sein muss. Glaubt mir nicht alles. Ich teste meine Fantasie aus. Stelle sie vor Herausforderungen. Jede neue Kurzgeschichte ein Schauspiel in meinem Kopf. Ich schreibe, damit ich im Training bleibe. Damit mein Geist wieder an Lebendigkeit gewinnt. Ich wünsche mir die Leichtigkeit zurück. Alles das, was mit Fantasie behaftet ist (und das ist leider nur sehr wenig), fällt mir schwer, in eine lesenswerte Geschichte zu verwandeln. Manchmal kann ich nachvollziehen, was Hemingway damit meinte, wenn er sagte, er habe hart geschuftet für ein paar Sätze. Früher habe ich das Schreiben nicht als so anstrengend gefunden wie heute. Vielleicht irre ich mich aber auch. Früher war ich auf jeden Fall noch verbissener bei der Sache. Ich bin ausgeflippt, wenn ich mich gestört fühlte. Es gab Zeiten, in denen ich acht bis zehn Stunden täglich am PC saß. Es gab Tage (und das über Wochen und Monate, da war ich 24 Stunden mit meinen Werken beschäftigt. Ich konnte mich kaum auf meine Umwelt einlassen. Mit einem Kind an der Seite sind solche Tage undenkbar. Ich wünsche es mir trotzdem manchmal zurück. Vielleicht würde es passieren, wenn der Beruf des Schriftstellers mein Einkommen sicherte. Sobald Geld ins Spiel kommt, wird eine Sache ernst genommen und anerkannt. Ich weiß ja selbst, wie viele arme Autoren es gibt. Jeder muss seine Miete und sein Brot bezahlen können. Unzählige Schreiberlinge gehen einem Job nach, damit sie einigermaßen über die Runden kommen. Es kommt auf den Anspruch an, den du hast. Wo fängt da das Glück an und wo hört es auf? Manch einer ist in einem Zimmer zufrieden, in dem er Tag und Nacht arbeiten kann, ohne gestört zu werden. Den halben Tag arbeitet er, ernährt sich ungesund (weil es ihn nicht interessiert, was er isst), dann macht er vielleicht einen Spaziergang, arbeitet wieder, geht in die Kneipe, trinkt ein paar Biere, geht dann wieder nach Hause und arbeitet weiter bis tief in die Nacht. Er lebt nur für das Schreiben. Bei mir sieht es anders aus. Doch wo fängt das Glück des Autors an? Und nicht nur des Autors – auch das Glück des Menschen Henning Taube. Meine Frau und mein Sohn machen mich glücklich. Mein kleines Zimmer macht mich glücklich. Die freie Zeit, die ich nutzen kann, macht mich glücklich. Aber am glücklichsten bin ich, wenn ich alles unter einen Hut bekomme. Richtig zufrieden bin ich, wenn mir ein paar Sätze geglückt sind. Wenn ich den Zusammenhang in einer Geschichte herstellen konnte. Einen Blogbeitrag zu schreiben, fällt mir nicht so schwer. Ich kann meinen Gedanken freien Lauf gewähren. Die Fantasie muss nicht angeregt werden. Ich schreibe, was ich fühle. Wie ich fühle. Ich schreibe, was mir gerade auf der Seele liegt. (Und jetzt muss ich das Abendbrot vorbereiten.) Bis später.
Es ist gleich halb zwölf. Der Tag war lang. Draußen tobt der Orkan. Ein kleiner Vorbote – auf was auch immer. Ich bin müde, werde in der nächsten halben Stunde im Bett versinken.