Krieg. Ich habe keine Ahnung

Du wartest. Sie werden kommen – die Worte. Du brauchst Geduld, du Ganove. Du durschaust das Spiel. Das Spiel des Krieges durchschaust du nicht – weil es keines ist. Bei einem Spiel stirbt niemand. Und schon wird geschossen. Und schon gibt es die ersten Toten. Der Krieg ist so nahe. So verdammt nahe. Er hat begonnen. Was nutzt dir da noch deine Egozentrik? Was nutzt dir in einem Krieg noch dein kleines Ego? Es wird gefoltert. Es wird vergewaltigt. Es wird getötet. Du musst dich verteidigen und schießt. Du denkst, es war für die gute Sache. Du denkst, es ist für die richtige Seite. Du verteidigst deine Familie. Wirst zum Mörder und konntest bis vor kurzem noch nicht mal eine Fliege töten. Du wirst zur Rechenschaft gezogen. Du wirst verurteilt. Du bist in der Hölle des Krieges. Noch vor ein paar Tagen bist du zur Arbeit gefahren. Meinetwegen bist du Lehrer. Die Schule – zerbombt. Was tust du jetzt? Im Herzen wolltest du immer Künstler werden. Es hat damals schon nicht geklappt. Und jetzt, das weißt du genau, ist es ganz vorbei. Es geht nur noch ums nackte Überleben. Deine Frau ist krank. Deine beiden Kinder besuchen die Grundschule. Du hast nicht genug Geld, um zu fliehen. Und wohin denn bitteschön auch? Flüchtlinge sind in keinem fremden Land erwünscht. Und deine Frau ist auf die Behandlung vor Ort angewiesen. Du liebst dein Zuhause. Du liebst deine Freunde und Freundinnen. Deine Eltern leben nur fünf Kilometer entfernt. Sie sind fast achtzig Jahre alt. Deine Kinder fühlen sich in deinem Dorf pudelwohl. Der Junge spielt Fußball. Die Tochter tanzt Ballett. Es liegt nun an dir, ihnen klarzumachen, dass dein Land im Krieg ist. Dass es Tote geben wird. Soldaten marschieren über die Grenze. Panzer rollen über Felder und Wiesen.

Und ich sitze hier in meinem schönen Zimmer. Noch. Wir können nicht voraussehen, wie sich das Ganze weiterentwickeln wird. Die nächsten Tage und Wochen werden unglaublich spannend. Es wird sich zuspitzen. Ja, manchmal verspüre ich Angst. Schon jetzt. Ein Dichter wird die Welt nicht retten können. So gern er auch wollte – er kann es nicht. Und ein Gott? Ich denke, das muss der Mensch schon irgendwie selbst schaffen. Schließlich hat er sich selbst die Suppe eingebrockt. Idiot.

Die Pandemie. Die Umwelt. Der Krieg. Denk nicht zu klein. Sonst wirst du dich eines Tages mehr erschrecken, als du verkraften kannst. Wie funktioniert es im Krieg? Ich habe keine Ahnung.

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