Schön, wieder zu Hause zu sein. Aber Hamburg bleibt eine meiner Lieblingsstädte, was schon immer so war. Schon als Kleinkind fand ich den Fischmarkt fantastisch. Frische Krabben mit meinem Vater auf einer Mauer pulen und direkt verspeisen. Ich muss unbedingt mal wieder hin. Schade dass im Atlantic ein Ball stattgefunden hat. Ich habe mit einem Pagen gesprochen, der mir sagte, jeder, der wolle, könne in der Hotelbar etwas trinken und in der Raucherlounge Zigarre rauchen. Also keine Gesichtskontrolle. Und die verrückt wirkenden, so schreibt Benjamin von Stuckrad-Barre, wollten eh alle zu Udo. Das gefällt mir. Vielleicht schaffe ich es ja noch irgendwann, mit ihm ein paar Worte zu wechseln. Ich hätte da schon ein paar nette Ideen. – Mit Jean Coppon habe ich bis drei oder halb vier zusammen gesessen, Quasselwasser geschlürft und geredet und geredet. Er ist ein hervorragender Erzähler, Schauspieler und Entertainer – es hat mir riesigen Spaß gemacht, eine Nacht mit ihm zu verbringen. Das heißt, eigentlich hat er sehr viel geredet und ich habe zugehört. Aber das ist mir sowieso meistens am liebsten, wenn mein Gegenüber mir Dinge erzählt, die mich interessieren, mich unterhalten, mich natürlich auch amüsieren. Ich schreibe lieber und bin still.
Jetzt sitze ich wieder an meinem weißen Schreibtisch, genieße ein Glas Wein und freue mich, wieder hier zu sein.
Ein guter Freund von mir würde gerne eine Meinung von mir hören, vielleicht habt ihr seinen Kommentar gelesen. Was wohl wichtiger sei: Gerechtigkeit oder Familie. Gar nicht so einfach zu antworten. Wenn mein Sohn etwas stiehlt, meinetwegen in einem Geschäft, ist das ungerecht. Es ist nicht in Ordnung. Aber das schmälert nicht meine Liebe zu ihm. Ich liebe ihn noch genauso. Oder er rastet aus und schlägt jemanden tot. Unabsichtlich. Das ist ungerecht. Ich liebe ihn trotzdem. Was ist nun also wichtiger? Für mich persönlich ist die Liebe am aller wichtigsten, sie steht über allem. Meine Liebe zu meiner Frau und zu meinem Sohn. Nicht die Liebe zu meiner ganzen Familie. Ich liebe davon ganz bestimmt nicht jeden. Gerecht sollte es im Leben natürlich immer zugehen. Es gibt ein paar Tugenden, die meiner Meinung nach zum Leben dzugehören: Ehrlichkeit. Freundlichkeit. Gerechtigkeit. Bescheidenheit. Edelmütigkeit … Bestimmt habe ich eine Menge vergessen. – Also, auch wenn ich wollte, ich kann wohl keine gerechte Antwort darauf geben, was wichtiger ist. Gerechtigkeit muss sein. Aber was ist gerecht? Das ist ja deine eigene Vorstellung, die du hast. Für den einen ist es gerecht (im Extremfall) jemanden zu töten, für den anderen ist es die blanke Ungerechtigkeit. Denken wir z.B. an die Todestrafe. Der Verurteilte hat zehn unschuldige Menschen getötet … Tja. Für den einen reicht es aus, wenn er zur lebenslangen Haft verurteilt wird, für den anderen hat der Mörder im Namen seines Herrn gehandelt und kommt ins Paradies, und für den nächsten muss er selber getötet werden. Was für den einen ungerecht erscheint, ist für den nächsten gerecht. Ich selbst bin Christ und finde, keiner hat das Recht zu töten oder über den Tod zu entscheiden. Im Höchstfalle über sein eigenes Leben. Ein armer Mensch stiehlt einem Millionär zehn Euro. Gerecht? Nein, sicher nicht. Ich würde meinen Sohn wahrscheinlich trotzdem nicht verraten. Weil er mir wichtig ist. Ich glaube, dieses Thema kann man endlos in die Länge ziehen.
Ich belasse es erst einmal dabei. Jedenfalls ist es eine Grundlage, einen ganzen Abend zu philophieren und nicht beleidigt wegzurennen .