Weniger ist mehr

Ich komme mit „Im Wahn der Zeichen“ ausgezeichnet voran. Jedenfalls für meine Verhältnisse. Aus 62 Buchseiten habe ich nun 24 DIN ‚A 4 Seiten gemacht, weiter so. Ich gehe sparsam mit Worten um, halte mich kaum noch mit Details auf, gebe mir Mühe, mich so kurz wie möglich zu halten und mich doch kreativ genug zu entfalten. Vielleicht schaffe ich es wirklich, am Ende auf 200 bis 250 Buchseiten zu kommen. Ich überlege, welche Verlage ich anschreiben könnte. Ich denke, Suhrkamp und Diogenes werden es sein, von den anderen Großen habe ich schon zu viele Absagen bekommen. Auch wenn es jetzt ein völlig anderes Buch wird, im Computer taucht mein Name auf und ich habe gehört, einmal eine Absage, immer eine Absage. Ob’s wirklich stimmt, weiß ich natürlich nicht. — Heute habe ich mir zwei Bücher von Schamoni bestellt, Djians „Erogene Zone“ habe ich mit Genuss gelesen und freue mich schon auf das nächste Werk von ihm. — Meine Frau startet langsam ins letzte Drittel meines neuen Romans, leider muss sie sehr viel arbeiten und kommt oft erst spät abends nach Hause. Ich habe aber Geduld und bin sehr auf das Ergebnis gespannt. Einen Titel habe ich natürlich immer noch nicht. Und auch keine Idee. — Montag werde ich 48. Noch zwei Jahre, dann möchte ich spätestens meine Familie ernähren können – so jedenfalls der große Wunsch. Aber ganz ehrlich, das wird ganz schön knapp. Der neue Roman muss bis dahin perfekt sein, „weg“ und „Im Wahn der Zeichen“ natürlich auch. Und dann schwebt mir noch das „Große Ding“ im Kopf rum, das Buch, dass wirklich der Reißer werden könnte. Ich weiß aber nicht, ob ich fürs Verfassen schon bereit bin, ob ich klar genug bin und ob ich nicht erst einmal wieder etwas „Normales“ schreibe. Komisch, ich schiebe „Die Weisheit der Welt“ immer weiter nach hinten, obwohl es sofort losgehen könnte. Angefangen habe ich ja schon ein paar Mal, mehr aber auch nicht. Wenn es mir gelingt dranzubleiben, wird es etwas Magisches, etwas ganz Besonderes, etwas ganz Leichtes und Reines und Klares. So jedenfalls der Plan, die Vorlage ist nämlich ziemlich düster. Das Skript muss ganz und gar verwandelt werden. Vielleicht setze ich mich nicht ran, weil ich zu viel erwarte, könnte ja sein. Was, wenn es doof wird? Gebe ich dann auf? Nein, zu schreiben sicherlich niemals, aber vielleicht mit der Vorstellung, vom Schreiben leben zu können? Das wäre schade, wirklich, denn ich pusche mich zu gern nach oben, manövriere mich zu gern in eine Euphorie. Das macht mein Glück aus, ehrlich, die fast manischen Momente. Zufrieden bin ich oft, aber glücklich eher selten. Glück kann man auch nicht gut beschreiben, denn für jeden sieht Glück anders aus. Mein persönliches Glück könnte ich schon in Bilder verpacken, einigermaßen, aber dazu habe ich im Moment keine Lust. Vielleicht später, der Abend ist noch jung, es ist 21 Uhr. — Meine Frau kommt heute frühstens um halb elf, sie musste zu einer Sitzung. Mein Sohn schläft friedlich in seinem Bett, und Uroma liegt in ihrem. Es ist also ganz ruhig im Haus. Nur die Wanduhr tickt, und der Laptop rauscht ein wenig. Er ist jetzt über zehn Jahre alt, ein wirklich zuverlässiger Partner bisher. Den Kaktus in der Fensterbank müsste ich mal wieder gießen und Staub müsste auch gewischt werden. Aber ehrlich, jetzt gehe ich vor die Tür und qualme eine kleine Zigarre   .

 

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