Alles hat seine Zeit

27.4.17

Ein wenig deprimiert zu sein, heißt nicht, depressiv zu sein und sich in den Tod stürzen zu wollen. Antriebslos, die Stimmung unten, man möchte sich verkriechen und nicht sprechen, vorübergehend, hofft man, kann aber kaum dran glauben, hofft trotzdem auf morgen, auf einen heiteren Tag. Doch die meisten von uns müssen funktionieren, ihren Verpflichtungen und Aufgaben nachkommen, es hilft nichts, da muss man durch, es bleibt keine Zeit den Kopf in den Sand zu stecken. Wie gern würde ich jetzt am Buch schreiben, aber ich kann mich nicht aufraffen, die Konzentration wäre zu hoch, die Worte zu tief, nichts würde dabei rauskommen als noch deprimierter zu sein. Vielleicht hilft ein Glas Wein, vielleicht, ich werde es versuchen. Ich könnte mich jetzt auch einfach raussetzen und ne Zigarre rauchen, ins Nichts gaffen, vielleicht zwei, drei Worte ins Tagebuch kritzeln, mit denen ich aber auch nicht zufrieden wäre. Dann würde ich vielleicht den einen oder anderen anrufen und merken, dass ich gar nichts zu sagen hätte, mich würde das Gequatsche, das ich mir dann anhören müsste, schon nach einer Minute auf den Sack gehen und ich würde es bitter bereuen, die Nummer gewählt zu haben. Hm, und garantiert wäre ich noch deprimierter, und vielleicht würde die Zigarre nicht mal schmecken, und mir wäre kalt, schrecklich kalt.

Der Wein schmeckt so lala. Aber er wirkt immerhin, loslachen kann ich trotzdem nicht. Worüber auch. Über mich selbst womöglich, das ist schön, wenn man das kann. Manchmal gelingt es. Gehe ich jetzt eine rauchen? Was bringt es mir? Mache ich Musik an? Dann ist die Konzentration ganz am Ende, dann kann ich nicht einmal hier einen vernünftigen Text zustande bringen. Wäre doch schade. — Heute war ich bei meiner Psychiaterin und habe mit ihr über die Reduzierung meiner Medikamente gesprochen. Ja, man könnte es mit dem Antidepressivum probieren, ganz langsam, stufenweise. Und dann auch mit dem Lamotrigin, das mich so müde macht. Ausschleichen, über Monate, das Zeldox sollte ich aber weiternehmen. Das Antidepressivum hellt die Stimmung auf, das Lamotrigin allerdings auch, soll aber auch ne grade Linie bringen, ich bin also wohl von Natur aus ein ziemlich deprimierter Mensch, melancholisch allemal. Ich kann mich ja selbst ein bisschen matern und melancholische Musik hören. Na ja, reicht schon, dass ich das hier schreibe. Mumpitz – was für ein schönes Wort. Ich schenk mir noch einen ein, jetzt könnte ich schreiben, man weiß ja nie, ob’s der letzte ist. Nein, wirklich, so tief geht’s  nicht runter. Wenn ich aus dem Fenster schaue und sehe, dass es um zehn vor neun noch einigermaßen hell ist, denke ich, jawoll, der Frühling ist da, der Sommer naht. Wisst ihr was, ihr kriegt jetzt noch die Wochenend Jack Daniel’s-Story, nee, Gedicht, und dann ist auch mal gut für heut.

ZEIT

Ich betrete deine Welt. Ich betrete deine Zeit. Du betrittst meine Zeit. Alles hat seine Zeit. Ist nicht von mir. Du hast deine Zeit, und ich habe Zeit für dich, ich nehme sie mir, und du hast immer Zeit für mich. Immer! Du stehst überall im Angebot. Nein, bei Rossmann nicht. Bei Aldi auch nicht. Kein billiger Ersatz. Verschworen. Männlich. Schwul. Jack … Jack … Ich strecke meine Hand nach dir aus   .

Tja, jetzt war ich doch ne Zigarre rauchen, und ja, ich habe auch telefoniert, mit einem guten Freund, mit einem, der auch mit Depressionen zu tun hat bzw. hatte. Momentan gehts ganz gut. Dank Medis, klar. Es gibt ja immer die schlauen Sprüche: Reiß dich mal zusammen! Ich hatte auch schon dunkle Tage! Ich war auch schon mal zwei Monate depressiv! Ich habe auch schon mal drei Monate ein Antidepressivum genommen und weiß wie das ist. Scheiße, jaja, blablabla. Die Leute, die so n Scheiß erzählen, sollten lieber die Fresse halten, besser gar nichts zu diesem Thema sagen. Die wirklich Kranken haben meist seit der Jugend … nein … lassen wir das. Ich kann mir da nichts anmaßen. Ich mach jetzt auch Schluss. Auf jeden Fall, vielen Dank, dass du mir zugehört hast   !

28.4.17

Guten Abend oder Guten Morgen!

Manchmal weiß man nicht, ob es morgens oder abends ist, jedenfalls dann, wenn man ein Leben als durchgeknallter Künstler lebt. Künstler sind oft Nachtmenschen, ich würde auch zu einem werden, wenn ich keine Struktur hätte, und das, obwohl ich mehr am Morgen schaffe. Sagen wir lieber, Sachen, die man gebrauchen kann, nein, mit denen man etwas anfangen kann, brauchen tut meinen Kram keiner. Oder ziehst du dir gern so depressives Zeug rein? Ich kann mir vorstellen, dass du sagst, nein danke, ich nicht mehr, warum soll ich mir den Scheiß geben!? Mein Leben besteht aus Phasen, momentan anscheinend eine etwas … na ja, ich will nicht sagen, traurige … wütende Phase eher, wütend auf alles mögliche. Mich nervt so vieles, dabei sind es meistens nur Kleinigkeiten, die kaum der Rede wert sind. Z.B. bin ich wütend auf mich selbst, weil ich nichts geschissen kriege. Alles bleibt liegen. Hey, ich tue so, als halte dieser beschissene Zustand schon seit Wochen an, dabei sind es erst ein paar Tage, davor lief es ausgesprochen gut. Morgen gehts bestimmt besser, und in ein paar Tagen bin ich wieder fröhlich. Danke, dass ihr mich ertragt, einen schönen 1. Mai

euer Henning

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