Bin aus Danzig zurück. Ein Kurztrip von 5 Tagen, der sehr schön war. Jetzt sitze ich wieder in meinem Arbeitszimmer und bin etwas melancholisch. Nicht depressiv! Der Blues läuft im Hintergrund, die Kerze brennt, das schummrige Licht, die Wanduhr steht still, ich habe sie noch nicht aufgezogen. Es ist Donnerstagabend, halb zwölf. In Danzig bin ich nicht zum Schreiben gekommen, ich war abends zu fertig. Ich dachte mir, bringste mal eben die Kurzgeschichten für neobooks zum Abschluss. Nichts da. Zu viele Eindrücke von Polen, von den Menschen, den Geschäften, den vielen Hotels, Cafés und Bars. Vom Meer, vom Hafen … So ist es in Danzig und Umgebung, weiter raus nichts mehr mit Tourismus. Der Kampf findet aber in ganz Polen statt, so wie hier und überall. Entweder man hat Glück oder nicht. In allen Belangen. Entweder man ist gesund oder krank. Halb gesund oder halbkrank geht kaum. Wehwehchen klar. Kann man haben. Fast jeder muss kämpfen. Für was auch immer. Um was auch immer. Sich dem Kampf stellen. Mit Plan. Mit Taktik. Geschick. Fleiß. Überblick. Durchblick. Verschiedene Perspektiven ausloten. Andere Leute, die auf derselben Welle schwimmen, mit ins Boot holen. Um Meinungen bitten. Sich nicht runterziehen lassen – bitte, bitte nicht! Neider! Viel zu viele Neider! Von ihnen wimmelt es massenhaft. Da, schon wieder einer. Bin selbst einer. Beneide Autoren, die von ihrer Schreiberei leben können, die Erfolg haben, die tausendfach gelesen werden. Die besprochen, kritisiert und beworben werden. Leben! Nur leben können, sich sein eigenes Brot verdienen, ohne auf irgendwen angewiesen zu sein. Ja klar, doch – auf die Leser. Handeln. Machen. Nicht verzagen. Die Magie ist wieder da! Hier! In diesem Zimmer! Abgehackte Sätze. Viel zu viele. Ihr folgt mir seit über einem Jahr. Danke! DANKE! Jeden Tag sind Leser auf meinem Blog. Ich mag das. Ich mag mich mitteilen. Ich mag euch schreiben. Viel mehr möchte ich nicht. Ich kann mehr. Ja, können tu ich ne Menge. Aber ich möchte gar nicht viel mehr. Schreiben und leben. Für meine Familie sorgen. Ist das viel? Ja, für mich schon. Für viele ist das ganz normal. Sie machen ihren Job, was auch immer, machen ihn sogar gern, oder er ist zumindest okay, aber er gehört ganz normal dazu. Glück haben diese Menschen. Sie sollten dankbar sein, egal, was sie machen, Hauptsache sie machen es gern und werden nicht krank davon. Druck! Die Arbeitgeber üben zumeist zu viel Druck aus. Menschen? Kohle! Kohle zählt! Wer es nicht bringt, ist raus. Kommt auch nicht mehr rein. Ich könnte ja mal erzählen, wie ich für das Land Niedersachen geabreitet habe. Da muss man ja einen Eid ablegen, wenn man dort eine Stelle antritt. Man muss schwören, nichts nach außen zu tragen. Ist auch besser so. Heute immer noch. Sonst würden die da draußen durchdrehen, wenn sie hörten, wieviel da mach einer verdient – für nichts und gar nichts. Na ja, ist ja egal, die Beamten arbeiten ja für das Land – für das ganze, für ganz Deutschland. Ausnahmen sind nicht die, die nicht arbeiten, Ausnahmen sind die, die arbeiten. Da gibt es natürlich welche, die Überstunden schieben, zu wenig verdienen, Zigaretten in Massen qualmen, Berichte schreiben, keine Zeit für ihre Familie haben usw. Drogen nehmen müssen. MÜSSEN! Gibt es. Aber was ich erlebt habe, und ich habe die Post für dreihundert Angestellte und Beamten verteilt, war der Gipfel der Frechheit. Ist heut natürlich alles anders. Natürlich! Scheiß drauf. Und wenn man einen Witz macht, sind sie beleidigt, ist ja klar. Weil sie es wissen. Die rasten richtig aus. Ich habs erlebt. Eine riesige Familie, man ist unter sich, man ist wichtig. Ich habe meine ersten Bücher während der Arbeitszeit geschrieben. War in der Sauna. Habe für meinen Kollegen während der Arbeitszeit die Küche schwarz weiß gestrichen. Bin ständig in die Stadt gefahren, nur so, aus Langeweile. Pssst. Ist mein Eid inzwischen verjährt? Oh, vielleicht sperrt man mich jetzt ja ein. Meine Chefin hat Unterschriften gegen ein Flüchtlingsgheim gesammelt, das in ihrem Stadtteil entstehen sollte, und war ganz stolz drauf, 800 Unterschriften innerhalb einer Stunde zusammengekriegt zu haben. Hat damit rumgeprahlt. Und überhaupt die ganzen Rechten hinter den Schreibtischen, die vorher beim Bund verpflichtet waren und dann einen Anspruch hatten auf einen Job im öffentlichen Dienst. Jaja. Heut ist natürlich alles ganz, ganz anders. Wie viele Türken arbeiten eigentlich für das Land? Zu meiner Zeit keiner in dem Gebäude mit den 300. Null. Einen Italiener hatten wir, dessen Frau irgendwo oben in der Etage saß. Unten die Arbeiter, oben die Besseren, die ehemaligen Hubschrauberpiloten von der Bundeswehr. Ich habe Abrechnungen für die ganzen Richter, Poizisten, Präsidenten, Vizepräsidenten, alle Beamten usw einkuvertiert. Ich hätte wissen können, was der Innenminister von Niedersachen verdiente. Ehrlich, es war mir scheißegal. Von unten nach oben. Stellenausschreibungen zuerst immer intern. Klar. Ich weiß gar nicht, warum ich das jetzt schreibe. Kam mir gerade in den Sinn. Es ist null Uhr. Ab ins Bett !
Jetzt ist schon Dienstag. Euch schöne Pfingten. Ich werde in Berlin unterwegs sein !