Small Talk

Ich habe gerade Mittagspause. Mir geht okay. Zum Glück. Ich bin auf dem Boden. Bin im totalen Realismus. Meine Fantasie ist annährend tot. Nach und nach trudeln die Absagen der Verlage ein. Womit ich gerechnet habe. Auch zum Glück. Vielleicht steht im Mai eine Lesung in der Südstadt an. So richtig ist mir momentan nicht danach, aber irgendwie auch schon. — Ich freue mich sehr auf den Frühling. Auf die Sonne. Auf die warmen Tage. Auch wenn ich derzeit nicht schreiben kann, bin ich natürlich nicht untätig. Langeweile hat hier kein Einzug. Dafür ist das einzigartige Leben zu kostbar. Wer weiß, vielleicht ist es ganz vorbei mit dem Schreiben jeglicher Romane. Schwer zu sagen. Ich bin nicht einmal in der Lage meine Kurzgeschichten zu überarbeiten. Momentan betrachte ich andere Dinge als wichtiger.

Auch wenn mir die Hochs fehlen, komme ich gut mit meinen wenigen (kaum wahrnehmbaren) Stimmungsschwankungen zurecht. Ich fühle mich relativ ausgeglichen, stabil auf dem Seil. Ich springe nicht hoch, und hänge nicht durch. Das Aripiprazol scheint tatsächlich ein Wundermittel zu sein. Dazu das Antidepressivum und der Stimmungsstabilisator. Ich schlafe ausgezeichnet, träume klar und intensiv, und meistens kann ich mich noch an meine Träume erinnern. Zumindest an einzelne Szenen. Das Lesen von Büchern klappt noch immer nicht. Filme interessieren mich nicht. Lieber höre ich Podcasts. Oder unterhalte mich. Höre Musik. Ich freue mich auf die neue Marius-Scheibe, die ich mir vorbestellt habe. Gerne möchte ich ihn noch einmal live sehen, am liebsten mit meinem Sohn. Ihr merkt, dass, was ich hier schreibe, ist reiner Small Talk. Ist im Grunde nichts. Trotzdem ist es für mich okay. Ich könnte mich gerade über alles mögliche unterhalten. Ich bin ganz im Hier und Jetzt. Steigere mich nicht mal mehr in meine Tagträume hinein. Seit etwa zwei Jahren nehme ich das neue Wundermittel. Und ich habe das Gefühl, dass es sich erst in letzter Zeit so richtig eingependelt hat. Ich sage nur noch aus Spaß, ich sei die Friedenstaube. Obwohl, so ganz innen drin, ganz tief, da flackert noch das Licht. Ich kann überhaupt nicht vorausschauen bzw. vorausahnen, was auf uns zukommt. Noch vor ein paar Wochen bin ich von einem Weltkrieg ausgegangen. Ich hoffe sehr, dass wir unsere friedliche kleine Welt in unseren Familien und mit unseren Freunden fortführen dürfen und können. Doch leider können wir uns nicht sicher sein. Von Corona bin ich bisher verschont geblieben. Nach wie vor trage ich meine Maske beim Einkaufen. Ich werde mich wahrscheinlich auch ein viertes Mal impfen lassen, ohne groß an die Spätfolgen, die auftreten könnten, nachzudenken. Sterben müssen wir ja ohnehin irgendwann. Ob nun ein paar Jahre früher oder später liegt nicht in unserer Hand. Oder doch? Ich meine, ich rauche, habe Übergewicht, zu hohen Blutdruck und bewege mich viel zu wenig. Dazu kommen natürlich die vielen Medis. Also, was soll’s. — In einer halben Stunde fahre ich wieder in die Tagespflege. Diesen Job übe ich nun schon seit fast 5 Jahren aus. Ich könnte mir aber auch vorstellen, wieder ein paar Stunden am Tag als Maler und Lackierer zu arbeiten. Mein Freund Cupi sagt immer: „Ich bin ja selbst gespannt.“ Ja, das Leben ist und bleibt ein Spannungsfeld. Ich für meinen Teil liebe es! Das Leben. Und auch die Spannung. Richtig spannend wird es, wenn wir in den Tod wechseln. Davor habe ich Angst. Es ist nicht so, dass mich diese Angst jetzt schon beherrscht. Könnte sie aber, wenn es soweit ist. Noch möchte ich leben. Ja, ich will.

Ich wünsche euch einen schönen Donnerstag.

Henning

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.