Sei mal ein bisschen verrückt !

Die Frage lautet: Schreibe ich jetzt eine Stunde am Roman? Oder eine Stunde diesen Blog hier? Die Cigar glüht, das Weinglas ist noch nicht gefüllt, steht aber verheißungsvoll neben dem Rechner. Gut – ich schenke ein! Der Duft der dominikanischen Zigarre, der Duft des italienischen Merlot, der Zug in die Wangen, das Ausblasen des Rauchs, die Geschmäcker, die sich verbinden, sich vereinen, uns glücklich machen. Der volle Magen vom Essen, der es uns so gut ergehen lässt. Die leichte Brise Wind, das Rauschen durch die Bäume und Sträucher, der weiße Halbmond, die Zufriedenheit, das Glück. Ja, das Glück, dass es uns so gut geht. Dass wir frei über unser Denken verwalten dürfen. Bist du verrückt, wirklich verrückt, bist du nicht mehr Herr über deine Sinne. Vielleicht befolgst du dann sogar Befehlen von Stimmen, die nur in deinem Kopf existieren. Ganz so verrückt muss man ja nicht unbedingt sein – aber ein bisschen. Einer, der nie in seinem Leben verrückt gewesen ist, weiß gar nicht, was für ein erbärmlich langweiliges Leben er geführt hat. Er liegt irgendwann im Sterbebett und ist ne richtig ausgeflippt. Ist immer im Rahmen geblieben. Zumindest sollte man doch mal hinter den Rahmen schauen. Mal gucken, was da so los ist. Mal mitmachen beim Tanz auf dem Vulkan. Zehn Minuten purer Wahnsinn sind intensiver als eine zehntägige Reise durch den Dschungel. Der Dschungel ist außen, auch wenn du mitten drin bist, der Wahnsinn ist in dir, in deinem ganzen Körper. Du fühlst ihn mit jeder Faser. Er lässt dich vor Gefühlen zerspringen. Du sirbst vor Glückseligkeit. Oder du stirbst vor Kälte. Im Wahn kannst du alles sein. Ein Engel, ein Gott, ein Teufel. Der Wahn ist grenzenlos. Er herrscht so lange, bis dein Körper nicht mehr kann, bis er streikt und du zusammenbrichst. Egal, wo du dich gerade befindest. Der Wahn beschert dir eine solche Angst, dass du keine andere Möglichkeit siehst, als dich umzubringen. Jaja. So weit muss es ja nicht kommen. Aber so ganz normal, so ganz langweilig durchs Leben gehen, laufen, rennen. Immer anpassen, nur nicht auffallen … die Nachbarn … die Kollegen … ja, selbst die Freunde. Die Familie erst recht. Du darfst sie nicht blamieren. In Indien wirst du angekettet, dort ist es eine Schande, verrückt zu sein, eine Strafe Gottes. Entweder wirst du von deiner eigenen Familie versteckt oder gleich umgebracht. Und das nicht nur in Indien. In der Schweiz ist man noch weiter in der Forschung als hier. In den USA auch, ich hätte kein Problem gehabt, mich in Boston oder New York einweisen zu lassen. Das wäre ein Erlebnis gewesen, wovon du bis zu deinem Tod zehren kannst. Ich würde gern einen Film drehen von Psychiatrien und ihren Machenschaften auf der ganzen Welt. Ich glaube, die Einschaltquote wäre nicht gerade gering. — Dort hinten im Südosten flimmert gerade der rote Mars. Es ist gleich halb zehn, Sonntagabend.

So, ich werde jetzt noch am Roman arbeiten, dann bin ich noch zufriedener!!!