Provincetown

Das nenn ich cool! Nie so viele Galerien mit schönen Werken in einer Straße gesehen wie in Provincetown. Nie so viele interessant wirkende Künstler auf einem Haufen wahrgenommen, wie in dieser gemalten Hafenstadt direkt am Atlantic. Nie so viele schwule Pärchen irgendwo anders auf der Welt erlebt. So viele coole Tattoos auf Armen und Beinen und bestimmt überall anders auch. Herrenboutiquen über und über, kleine Läden, Zigarren, Whiskey, Schmuck, Fantasy in ALLEN lebenslustigen Bereichen, die besten und einladendsten Bars, alles an Accessoires, was das Männerherz begehrt, eine Stadt, eine Meile, die zum Aussteigen, gerade für Homosexuelle, geradezu einlädt. Und auch jeder Künstler sollte Provincetown unbedingt einen Besuch abstatten. Eine strickende Männerrunde draußen vor einem Café um einen runden Tisch. Völlig frei. Alles friedlich, alles easy, alles cool. Neben Key West soll es die liberalste Stadt Amerikas sein. Könnte wirlich so sein, nach Key West möchte ich auf jeden Fall auch noch mal. Wenn ich bald Multimillionär bin, werde ich, bevor ich mir wahrscheinlich ein Haus auf Sylt kaufen werde, mir noch einiges mehr in den USA angucken. Aber wie ihr wisst, kommt ja sowieso immer alles ganz, ganz anders, als man es sich vorstellt. Plötzlich brennt dein Haus ab, dein Wagen geht in Arsch, die Waschmaschine hat ein Loch, der Trockner, der Geschirrspüler, alles auf einmal. Und du latscht zur Bank und der Bänker sagt, ihr Konto war doch mal so voll, da hat gar nichts mehr draufgepasst, aber jetzt mein verehrter Herr, ist es so leer wie ein löchriger Eimer. Tut mir leid. Wisst ihr was – ich habe einen neuen Lieblingsspruch gestern bei Buk gelesen: „Ich besinne mich auf den Whiskey, gieße mir einen ein. Trinke ihn. Deshalb bin ich Schriftsteller geworden. Deshalb habe ich mich aus den Fabriken herausgekämpft. Das ist der Sinn und der Weg.“ Eine Lebensweisheit, die ich gern teile. Genieße den Augenblick, auch wenn der Augenblick ein Traum ist. Greif nach deinen Träumen. Seh sie dir an, lächele über sie, aber nimm sie ernst. Erfreu dich an ihnen, sie kommen immer wieder, um dich zu erhellen. Sie bringen dich immer ein Stück näher ans Ziel, egal, wie dein Ziel auch aussehen mag. Lass dir dein Ziel nicht madig machen, es ist deins, es ist dein Traum, es ist dein Weg, den du allein beschreiten wirst. Vielleicht in Begleitung, wenn es gut läuft, ein ganzes Leben lang mit deiner Liebe, mit deinen Liebsten. Aber auch sie gehen ihren eigenen Weg früher oder später, spätestens jedoch nach dem Sterben. Nehme ich jedenfalls an, wissen tut es hier auf Erden keiner, nicht einmal so ein Prophet wie ich, der in die Zukunft schaut. Und träumt. Ach Leute, ist das Leben nicht wunderbar? Meins meistens schon. Meine Frau sitzt mir gegenüber auf der Terrasse und schreibt für unseren Sohn ein Urlaubstagebuch, wir nippen an unerem Weißwein, schauen uns ab und zu an, reden ein paar Worte und vertiefen uns wieder in unsere Arbeit. Das ist Glück, meine Damen und Herren! Das ist Lebensqualität. Das ist Freiheit. Jedenfalls für ein paar Minuten oder Stunden. Wir sprachen gerade davon, wie wundervoll es ist, im September, nach der Saison, hier sein zu dürfen, so viele tausend Kilometer von Hannover entfernt, wo nur noch so wenige Touristen hier sind. Die ersten Blätter an den Bäumen färben sich braun und rot, der Indian Summer steht vor der Tür, es muss einmalig schön sein. Das Autofahren auf den Straßen ist völlig entspannt, der rechte Arm liegt bequem auf der Armlehne, einen ruhigen Radiosender hast du an, alle sind stil im Wagen und genießen die Bäume, die Landschaft, das Meer, das Licht, ja, dieses erhabene Licht. Gerade noch zirpen die Grillen, es ist angenehm mild, man hört die ganze Zeit den Atlantic rauschen, manchmal die Robben heulen. Es ist ein realer Traum. Ich erlebe und lebe ihn gerade. Danke. Schade dass unser Sohn nächstes Jahr zur Schule kommt, ich wäre gern im September noch einmal hergekommen, aber das ist aussichtslos. Die Seifenblase zerplatzt, es sei denn, der Weltbestseller kommt bald. Dann darf meine Frau einmal im Jahr einen Wunschurlaub machen, und einmal im Jahr darf ich einen machen. Heute habe ich einen Spruch von John Wayne gelesen: „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss!“ Prost! Ich muss schreiben, das ist das wichtigste. Amputier mir beide Beine, aber niemals die Hände, ich muss das Klacken der Tasten in meinen Ohren klingen hören. Und lass mir meine Augen und Ohren. Alles andere an Körperteilen ist zweitrangig. Jaja, nicht immer! So, ich lasse es heute mit dem Schreiben, die Magie wird schwächer, ich werde müde, der Wein wirkt. Gute Nacht   !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.