Nicht zufrieden

Sie brennt schön, die Flamme der dicken roten Kerze. Ganz still ist es hier, heute Abend um Viertel vor elf. Ich bin etwas nervös, warum weiß ich nicht. Wie oft weiß ich nicht, was ich schreiben soll. Mich nervt, dass ich auch nicht Sartre lesen kann, dass ich gar nichts lesen kann. Es reicht nur für ein paar Gutenachtgeschichten für meinen Sohn. Ich fühle mich ganz komisch. Ich kann es gar nicht beschreiben. Ganz hier in dieser Welt, ganz bei mir, kein geistiger Ausflug scheint mir möglich. Keine gedankliche Flucht ins Irgendwo. Ein paar Tage ging es mit Chilly Gonzales und Chopin – dann wieder nichts. Ich bin hier und bei meiner Familie. Menschen inspirieren, aber wenn du kaum jemanden treffen kannst, hast du schlechte Karten. Das Einzige, was gerade richtig guttut, ist die frische kühle Luft, die durch die Seiten des offenen Fensters hier hereinströmt. Ich würde gern einen lockeren Roman schreiben können, ein kurzes Ding über 200 Seiten. Vorlagen sind vorhanden. Nichts Weltbewegendes, was ganz Einfaches, so einfach, wie ich mich derzeit fühle. Nicht besonders. Ich schalte mal um und versuch einen Anfang hinzubekommen.

Zwei Tage später um 22 Uhr.

Zufrieden an diesem Abend. Nicht gerade glücklich, doch zufrieden. Die Finger drücken die Tasten nieder. Mein Körper verharrt, wartet ein paar Sekunden, um den nächsten Satz zu schreiben. Für wen schreibe ich? Nur für mich? Interessiert ihr euch für mich? Diese Klänge! Was bringt es mir, wenn ihr euch für mich interessiert? Alles hat seine Zeit, so steht es. Auch ein nächstes Buch? Mir ist gar nicht danach. So gern ich auch wollte, ich komme nicht über zwei Seiten hinweg. Woran liegt es? Weder das Lesen noch das Schreiben gehen voran. Ich fühle mich verloren. Viel zu normal. Viel zu klar vielleicht. Aber ich habs ja auch schon mit Alkohol probiert. Ich glaube, es wäre sinnvoll, das Antidepressivum um 5 mg zu erhöhen. Ja, ich werde es versuchen. Ach, und wenn ich auch kein ganzes Buch mehr zustande bringe, so würden mir ja ein paar schöne Textzeilen ausreichen. Ich muss mich um alles in der Welt wieder in die Literatur hineinsteigern können, sonst ist mein Leben nicht mehr halb soviel wert. Ein, zwei Stunden am Tag zumindest lesen können, müssen einfach drin sein. Also doch nicht zufrieden.

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