Mir ging’s schon schlechter

Mir ging’s schon schlechter. Zurzeit sieht es so aus, dass die Tage erträglich sind, auch wenn ich sie halb verschlafe. Die Abende sind mir sehr willkommen. — Ich fühle mich wohl hier in meinem Arbeitszimmer. Die alte Wanduhr steht still, sie ist sehr anfällig, hat ihre Macken, momentan möchte sie anscheinend nicht. Hier ist es also absolut still im Raum. Heut surrt nicht einmal der Laptop. Klar – das Klackern der Tasten, mein Atem, die leisen flüsternden Worte, die ich spreche und zeitgleich schreibe. Oder die Geräusche, wenn ich mich auf dem Stuhl bewege, das Glas zur Hand nehme und vom duftenden Rum nippe. Mir übers Gesicht streichele, die Bartstoppeln spüre. Mir durchs Haar fahre … Ich versuche das zu tun, was mir gut tut, das, was mich ein wenig erfüllt, zumindest zufrieden macht. Das ist das Schreiben. Das einfache Schreiben. Das Schreiben dieses Blogbeitrags. Die Worte strömen nicht gerade aus mir raus, das Denken hat sich in den letzten Tagen verlangsamt. Ich überlege mehr. Denke mehr über meine Gedanken nach. Beobachte sie. Lasse sie los. Arbeite nicht so sehr mit ihnen. Leere. Nach einigen Sätzen braucht es ein paar Sekunden innere Stille. Gucken, hören und fühlen, was als Nächstes kommt. Was will das Ich? Was hat es vor? Muss es denn immer etwas vorhaben? Oder darf es auch nur sein? Existieren? Ist das Ich in uns? Man möchte meinen, schon. Wenn man „Ich“ sagt, dann meint man zumeist sein Ganzes. Ich bin kein Philosoph, und ich mach’s mir nicht gern kompliziert. Ich liebe die Einfachheit. Ich mag schwere Literatur, die ganz leicht und einfach geschrieben ist. Schwere Themen ganz, ganz leicht. Sachen, die wahr gewesen sind. Ich mag einfache Sätze. Kurze Sätze. Keine Verschachtelungen, die Menschen sollen zum Punkt kommen, aber bitte mit etwas Spannung. Kurzer Aufbau, etwas längerer Hauptteil, Pointe. Fertig. Nicht lange um den heißen Brei reden und schreiben. Beim Thema bleiben. Sagen, was los ist. Direkte Fragen erwarten direkte Antworten. Schlagfertigkeit ist gefragt. Am besten mit Pfiff und Witz. Sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen, seine Meinung vertreten, erst einmal eine finden. Das braucht manchmal etwas. Manchmal ein halbes Leben und länger. Es gibt Autoren, die sind schon mit achtzehn herausragend. Das, was sie der Welt zu sagen haben, sagen sie. Sie treffen den Nerv. Es kommt drauf an, wie und wo man aufwächst. Unter welchen Voraussetzungen du leben musst. Oder leben darfst. Es gibt Kinder, die wollen sich das Leben nehmen. Es gibt sehr selbstbewusste Kinder und sehr verstörte. Und Zerstörte – durch den Erwachsenen. Durch Vater oder Mutter. — Ich werde mein Leben wieder mehr genießen. Denn auch dazu ist es da. Ich habe nun einmal das riesengroße Glück, es mir in materieller Hinsicht ganz gut gehen lassen zu können. Klar, das Geld ist immer knapp, es kommt drauf an, was man will. Ich habe derzeit keinen Grund zur Klage. Ich sag ja – mir ging’s schon schlechter. In jeglicher Hinsicht. Nichts zu fressen gehabt. Kornflakes ohne alles. Trockenes Brötchen, wenn es gut lief. Teebeutel waren Luxus. Kalte Bude. Kein Strom, kein Telefon, keine Kohle für Kohle, um den Ofen anzufeuern. Dreckige Klamotten, harte Arbeit auf dem Bau. Liebeskummer. Drogensucht. Schizophren. Depression. Suizidversuch. Ich kann mich also wirklich, wirklich gerade nicht beschweren. Und doch. Da ist eine Traurigkeit. Da ist etwas Verletztes. Ich weiß, was es ist. Oder ich glaube es zumindest zu wissen. Es ist das, dass ich mit meinen Gedichten nicht die richtigen Menschen erreiche. Es ist der Alleinglaube an eine Sache. Aber was will ich denn? Als Messias voranschreiten? Bitte nicht. Nicht schon wieder. Nichts ist anstrengender. Aber ich glaube trotzdem, dass die große Anerkennung fehlt. Sehnt sich da nicht jeder Mensch nach, der glaubt, etwas zu sagen zu haben? Bestimmt sogar. Ich glaube, ich habe etwas zu sagen. Vielmehr haben meine Gedichte etwas zu sagen. Sie sollen für sich sprechen. Das können sie. Ich glaube, ich schreibe Margot Käßmann, auf jeden Fall werde ich mir demnächst einmal ihre Zeitschrift anschauen. Vielleicht gibt es ja da die Möglichkeit, das eine oder andere Gedicht zu veröffentlichen. Vorausgesetzt, ich schreibe ihr nicht zu verrückt. Hab jetzt gerade ihre Kontaktadresse gefunden … ich werde ihr vielleicht heut Abend noch schreiben.

Euch noch einmal ein erholsames Wochenende   !

Jetzt ist schon Montag. Ein wundervoller Morgen voller Sonnenschein. Nutzt den Tag, macht das Beste draus. Genießt das Leben. Schiebt die Sorgen für ein paar Stunden beiseite, oder besser, geht ihnen entgegen, tretet sie über den Haufen. Weg damit! Raus aus dem Leben! Schon in ein paar Minuten kann es besser sein. Ehrlich.

 

 

 

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