Mein Leben war schön

Treiben lassen, es zumindest versuchen. Freiheit suchen, es zumindest versuchen. Welche Freiheit? Die im Kopf. Die im Herzen. Die Freiheit in der Seele. Das Gewissen erleichtern. Das ist die Aufgabe bis zum Tod. Das Gewissen wiegt bei den meisten von uns schwer. Vor dem Tod sollten wir gedanklich so leicht wie möglich sein. Wolkenleicht. Gelingt es dir, bewusst auf die andere Seite zu wechseln, kannst du dich glücklich schätzen, wenn du rein bist. Nimm deine Liebe mit in den Tod. Nicht deinen Hass, deinen Zorn, deinen Neid. Lass keinen Scherbenhaufen zurück. Alles ist leicht dahergeschrieben. Alles ist leicht dahergesagt. Wir tappen immer wieder in die gleichen Fallen, lassen uns überreden, überrumpeln, verführen. Du kannst von Glück reden, wenn du im Leben keine Rückschritte gehst, stets dazulernst und dich reflektierst.

Momentan fällt es mir nicht leicht, einen vernünftigen Text hinzubekommen. Tage- und Nächtelang habe ich in meinem kleinen Zimmer gesessen und versucht, an einem neuen Buch zu arbeiten. Doch habe ich erneut erfahren müssen, dass ohne Fantasie nicht gerade viel zusammenkommt. Hätte ich mehr Mut, würde ich meine Medikamente reduzieren, da ich jedoch ein einigermaßen gutes und vor allem realistisches Leben zustande kriege, wäre es der Griff auf die berühmte heiße Herdplatte, wo ich schon so häufig drauf gefasst und mich verbrannt habe. Heute Abend fühle ich mich klar und auf dem Boden, ich habe noch nichts getrunken, was ich jetzt aber auf jeden Fall mit einem Gläschen Wein nachholen werde. Wenn es gut läuft, setze ich mich auch noch an das neue Schriftstück, es ist die Rekonstruktion der letzten zehn bis zwölf Jahre meines Leben, gepaart mit fiktiven Elementen, soweit ich dazu eben in der Lage bin. Ich habe mir vorgenommen, so zu schreiben, als habe ich keine Familie mehr und es ist scheißegal, wie vulgär und obszön ich bei meiner Wortwahl vorgehe. Ich möchte mich frei schreiben, und dabei muss es mir einfach egal sein, ob ich gelesen werde oder nicht. Doch die Idee, dass ich gern für ein Publikum schreibe, ist sehr schwer für mich aus dem Kopf zu bekommen. Es schwingen immer die Gedanken mit, ich müsse eines Tages von der Schreiberei leben können, obwohl das natürlich völlig aus der Luft gegriffen ist, weil sowieso kein Verlag mit mir zusammenarbeiten wird. Was zu meinem Leidwesen noch hinzukommt, ist, dass ich mir wieder einmal zu wenig Zeit nehme und mich so selbst unter Druck setze. Es ist ein Druck, der gar nicht nötig ist, aus dem einfachen Grund, weil ich nicht frieren, dursten und hungern muss. Jedenfalls derzeit noch nicht, denn für die Zukunft sehe ich wirklich schwarz.

Um nun wieder das Thema von oben aufzugreifen, ist es also an der Zeit, sich auf den Weg zur Leichtigkeit des Gewissens zu machen. Vor dem Tod solltest du sagen können: Mein Leben war schön!

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