Medis / NEUE PRESSE

Freitag

Der Artikel für die Uni Karlsruhe ist fertig. Und heute bin ich auch gut mit dem neuen Roman vorangekommen. Es ist jetzt gleich halb zwölf am Abend, alle schlafen und ich finde es schade, dass ich in meinem Zimmer nicht rauche. Na ja, der Gesundheit tut’s gut, und dem Geruch des Hauses auch, ich weiß. Für ne Zigarette wäre ich jetzt auf jeden Fall runtergegangen, aber ne Zigarre dauert mindestens ne halbe Stunde, ne halbe Stunde, die ich lieber hier oben verbringe und noch ein paar Zeilen schreibe. Ich weiß nur nicht, was, manchmal ist mein Kopf wie leer, ausgehüllt, hohl, höchstens voller Watte. — Ich habe heute eine Freundin getroffen, eine Autorin, die auch psychische Einschränkungen hat. Sie hat vor einigen Monaten das Neuroleptikum abgesetzt und sagt, dass sie wieder weinen kann, Gefühle zulassen kann, Gedanken besser verarbeitet, sich nicht mehr kopfmäßig so abschottet. Hm, weinen kann ich, aber sie hat schon recht, wenn etwas geschieht, geschieht es halt, und wenn es vorbei ist, ist es vorbei, dann denkt man darüber nicht mehr weiter nach, man streicht es aus dem Gedächtnis, macht weiter wie bisher. Ach, was weiß ich! Ist doch auch normal, oder? Dass meine Fanatsie durch die Medis eingeschränkt ist, weiß ich selbst, manchmal würde ich gern wissen, wie kreativ ich im Kopf wirklich sein könnte. Ich habe viele Ideen für Geschichten und was nützt die ganze Fantasie, wenn ich sie schriftlich nicht umsetzen könnte? Scheiße, könnte ich ja vielleicht trotzdem, ohne verrückt dabei zu werden. Was ist denn an den Medikamenten so schlimm? Dir geht’s doch gut. Tja, ich bin aber nicht echt, denke ich manchmal. Aber wenn du Herzkrank wärst, würdest du ja auch Medikamente nehmen. Dazu kann ich nur sagen, dass eine köreperliche Krankheit keine seelische ist. Du sagst doch selbst, dass es eine Stoffwechselkrankheit ist, darauf springen ja auch die Medis an. Ja, aber ganz ausgeforscht ist das eben alles noch lange nicht, und wird es vermutlich auch niemals. Schwieriges Thema, für alle Beteiligten, wo der Betroffene, der Angehörige und der Profi zugehört. Man muss eben funktionieren, wenn man Verantwortung trägt. Ein Single ohne Kind und meinetwegen auch ohne Beruf kann leichter das Risiko einer Medikamentenreduzierung eingehen. Ich glaube trotzdem daran, es eines Tages noch ein letztes Mal ohne Medis zu versuchen. Aber erst, wenn mein Sohn selbständiger ist. WARUM??? Ich kann es nur damit erklären, dass ich echt sein will, mehr kann ich dazu nicht sagen. Reicht das nicht? Es ist doch ein riesiges Stück Freiheit, nichts nehmen zu MÜSSEN. Ich bin zum Glück nicht Herzkrank, es stimmt nur in der Seele nicht. Im Gehirn? Jaja, klar, zu viele Botenstoffe, zu viel Hormone, zu viel Dopamin, ich weiß. ICH WEIß ES SELBST! Scheiße, ich wollte mich da gar nicht reinsteigern, denn die wirklich wichtigsten Menschen an meiner Seite machen sich sonst ernsthafte Sorgen. Zu recht, und noch kann ich es auch gut akzeptieren, die Medis zu nehmen, aber auf Dauer kann ich das eben nicht garantieren. Es steht nicht fest, dass ich wieder krank werden würde. Das Risiko ist hoch, keine Frage, warum willst du das Risiko eingehen? So könnte es immer weitergehen und weitergehen, endlos. Seit 10 Jahren bin ich Psychosefrei, 2011 lediglich eine hypomanische Phase, ja, auch das weiß ich, sie war hart genug für alle. Aber ich bin da rausgekommen ohne die Medikamente zu erhöhen, eine Gesprächstherapie, Gespräche mit lieben Menschen und ein geschütztes Umfeld in der Tagesklinik haben gereicht, mich zurückzubringen. Ich kenne mich gut inzwischen, ich achte auf mich, im Alter verändert sich der Körper und das Denken, ich bin sensibel. Hm, belassen wir es dabei für heute, ich halte euch hoffentlich in den nächsten Jahren auf dem Laufenden, denn noch denke ich nicht daran, den Blog aufzugeben. Ich wünsche euch bei jedem Artikel interessante neue Eindrücke. Macht’s gut   !

Dienstagmorgen

Gleich kommen eine Journalistin und ein Fotograf/In von der Neuen Presse zu Besuch. Das Wetter ist ausgezeichnet, wir werden auf der Terrasse sitzen, Kaffee und Zitronenwasser trinken und hoffentlich ein interessantes Gespräch für den Leser zustande kriegen. Es kommt darauf an, was ich zu sagen habe, aber auch die Fragen, die an mich gerichtet werden, sind für ein gutes Interview ausschlaggebend. Ich hätte so viel zu sagen, mal sehen, worauf das Gespräch hinauslaufen wird. Jedenfalls freue ich mich drauf. Ich melde mich auf jeden Fall, sobald der Artikel erscheint. Ansonsten wünsche ich euch noch eine schöne Woche   !

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