Lass rocken, Baby !

Erst n bisschen Sekt, jetzt n Gläschen Whisky, es ist halb elf am Abend in meinem Schreibzimmer zu Hause. Überlege, ob ich die Anlage anmache, bisschen Jazz oder so was, Klassik ist ja nicht mein Ding, Rock stört total beim Schreiben, dann eher was Ruhiges für die Konzentration. Aber meistens mach ich schnell wieder aus. Hab hier ne ziemlich coole Tastatur, mit Schreibmaschinenanschlag, sie klackt richtig schön, die ist meine Musik. Mein Freund Crazy Rabbit meinte, ich soll dafür Geld investieren, schließlich arbeite ich damit jeden Tag, sie sei mein wichtigstes Werkzeug. Er hatte recht. Hemingway hängt hier rechts an der Wand, mit Bleistift gezeichnet, schönes Bild, hab lange nichts von ihm gelesen, hab aber auch fast alles durch. Hinter mir hängt Bukowski, den ich immer wieder gern lese. Vor allem die Kurzgeschichten, von denen ich mich sehr inspirieren ließ. Udo hab ich abgenommen, er lebt ja noch, ebenso die Stones-Zunge. Bilder, die ich geschenkt bekommen habe von CC, die aber zu viel in diesem kleinen Zimmer waren. Sie hängen jetzt bei meinem Sohn an den Wänden. Wir hören total viel Mucke, meistens Rock, er hat angefangen Schlagzeug zu spielen. Hat Rhythmus im Blut kann man sagen. Am Sonntag treff ich mich mit einem Mucker, den ich noch nicht kenne. Ich bin gespannt drauf, will auf jeden Fall wieder Texte vertonen, hab hier ne Menge rumfliegen, wo draus man was machen kann. Von der Band WAHN ist ja leider nicht viel übrig geblieben, vielleicht sieben oder acht Stücke. Aber auch die müssen erst mal wieder zusammengesetzt werden. Ich selbst hab überhaupt keine Aufnahmen mehr, leider, wir waren sogar zweimal im Studio. Zum letzten Mal haben wir ca. 1997 zusammen gemuckt. Mann, Mann, das ist ja 22 Jahre her, wie verdammt schnell die Zeit vergeht. Kaum zu glauben. Bin oft mit Depressionen aus dem Muckraum raus, weil es mit mir einfach nicht besser wurde. Hab mich selbst nicht gehört, ich empfand damals alles als einen riesigen Matsch. Auch heut, wenn ich Lieder mitsinge, sing ich schief, finde oft den Rhythmus nicht. Und doch hat die Sache Stil, so jedenfalls meine Meinung. Man kann dran arbeiten. Ich muss dran arbeiten, wenn wir öfter auftreten wollen. Von den Texten aber bin ich vollkommen überzeugt, die müssen das Schiefe rausreißen. Mir kam es sowieso immer mehr auf die Texte als auf die Musik an. Deswegen hör ich so gern deutschsprachige Lieder, da versteh ich wenigstens, was die Künstler und Künstlerinnen singen. Viele Texte sind mir zu flach, zu einfach, viele Texte nerven mich richtig. Vor allem die Frauenverstehertexte zum Beispiel von … ach, Scheiße, vielleicht komm ich später auf den Namen. Und viel zu viel ähnelt sich. Früher wusste man beim ersten Gitarrenanschlag, das ist Marius, Herbert, Udo, Rio, Nina, Peter, Klaus, Heinz Rudolf, Herwig … und wie sie nicht alle heißen. Aber viel mehr gabs ja am Anfang auch nicht. Straßenjungs, Extrabreit etwas später, dann Die Toten Hosen, die Ärzte, noch später Fanta 4 usw. usw. Heut versucht jeder zweite so zu sein wie der erste. Ist mir alles zu soft, kein Rock n Roll mehr. Alles für die breite Masse. Ich meinte den Sänger, der über die 50 Stunden-Woche der armen Frau singt. Mag n netter Typ sein, wirklich, n wirklich netter Schwiegersohn, aber ich find den Kram zum Kotzen. Ganz schlimm. Viel mehr kenn ich aber auch nicht von ihm, deswegen halt ich lieber meine Fresse. Hab mir heut „Hey Hey“ von Andreas Burani für 2 Euro gekauft, auch ziemlich soft, aber echt schön, find ich. Er weiß genau, was er mit seiner Stimme tut. Jeder Ton sitzt. So wie bei Xavier. Xavier ist ganz, ganz schräg mit seinen Liedern geworden, viel, viel zu anstrengend. Meine Texte sind direkt, jeder versteht sie. Herbert Grönemeyer hört man ja jedes Mal anders. Er singt mehrdeutig, hat das perfekt drauf, ebenso Heinz Rudolf. Marius versucht das auch, kriegt es aber nicht hin. Leicht zu durchschauen. Udo ist der aller Direkteste. Und sehr, sehr ehrlich. Sehr echt. Ich weiß trotzdem nicht so recht, was ich von ihm halten soll, seitdem ich mir seine neueste Biografie als Hörbuch reingezogen hab. Verrückter Typ, der sich so ziemlich alles rausgenommen hat. Völlig übertrieben, unglaublich wichtig hat er sich genommen. Den Rock n Roll hat er aber voll ausgelebt. Im Gegensatz zu Marius, der viel zu viel geschauspielert hat. Er war nie Säufer, Zocker, nicht mal Raucher, aber davon handeln so viele seiner besten Texte. Ich kann ihm nichts mehr abnehmen. Heinz Rudolf ist wirklich poetisch, mir gefallen seine Sachen sehr gut. Hab mir aber ewig keine CD mehr von ihm besorgt. Mein Sohn findet Mark Forster ganz gut, mir ist das alles zu glatt, zu schlicht, zu einfach, zu normal. Genau – zu normal. Nicht verrückt genug. Darauf kommt es für mich in der Mucke an: Mal aus der Rolle fallen, sagen, was los ist, kein Blatt vor den Mund nehmen, auffordern zum Aufstehen und Ausrasten. Zu gern hätt ich immer was im Doors-Stil auf Deutsch gemacht, nur mit etwas weniger nerviger Orgel. Mir gefallen auch Element of Crime schon seit 20 Jahren fabelhaft, Jan Delay finde ich gut, Konstantin Wecker sowieso. Musik hat bei mir immer eine wichtige Rolle gespielt. Aber sollte man mich auf eine Insel bringen, würde ich eher was zu schreiben und Bücher mitnehmen, als ne Gitarre und n Computer, auf dem man Mucke hören kann. In letzter Zeit hör ich aber wieder ziemlich viel Musik, ich hör auch ganz anders hin als noch vor ein paar Jahren. Ich hör genauer zu. Scheiße, es ist nach elf, morgen um 5.30 gehts aus den Federn, der Tag beginnt, ich muss arbeiten, dann zu meiner Therapeutin ganz nach Burgwedel, der Vormittag hat sich somit erledigt. Kein Üben für die Lesung, kein Schreiben am neuen Roman. Hör jetzt noch ne Seite von einer meiner Lieblingsbands – Led Zeppelin. Echt der Hammer, was die gebracht haben. Wirklich   .

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