Das Leben ist ein Geschenk. Wirklich ein Geschenk. Gefragt hat uns zwar keiner, ob wir leben wollen. Nehme ich jedenfalls an. Aber dankbar bin ich allemal. Heute kam die Absage vom Diogenes Verlag. War ehrlich gesagt keine Überraschung. Ich habe mich damit abgefunden, keinen Verlag für meine Bücher zu finden. Dennoch bleibt das Schreiben für mich ein wundervolles Hobby. Auch eine außerordentlich sinnvolle Therapieform. Wenn mein Kopf zu voll ist, weiß ich wohin mit den vielen Gedanken. Ab aufs Papier. Ab in den Block. Ab in den PC. Ich glaube auch, dass ich eines Tages wieder an einem Roman sitzen werde. Doch wieviel wertvolle Zeit ich verschwendet habe, nur mit dem Glauben daran, dass ich berühmt werde. Anstatt einer Arbeit nachzugehen, die ich von der Pike auf gelernt habe. Und wie lange ich die falschen Medikament eingeworfen habe! Fast 15 Jahre lang. Falsch und überdosiert. Meiner Psychiaterin ist es scheißegal gewesen, dass ich jeden Tag zwei bis drei Stunden sediert war und schlafen musste. Der Gerechtigkeit halber müsste sie selbst das Zeug bis zu ihrem Tod fressen. Inzwischen gibt es so gute Medis, auch Psychopharmaka. Mit denen es sich gut leben lässt. Kein Mensch sieht dir heute noch an, dass du psychisch krank bist. Nur in den härtesten Fällen, akut in einer Psychose, werden die Medikamente eingesetzt, die ich so lange geschluckt habe. Widerlich. Beschwerdebriefe an die Ärztekammer müsste ich in Massen absenden. Aber was würde es bringen. „Wenn Sie tagsüber nicht schlafen würden, würden Sie in der Zeit wieder zu viel machen. Und dann würden Sie wieder krank werden!“ Würde, würde, würde. Das hat mir die alte Kuh Jahr über Jahr weisgemacht, wenn ich um eine Umstellung bat. Kein Gespräch fand auf Augenhöhe statt. Länger als drei Minuten bin ich nur selten in ihrer Sprechstunde gewesen. Patienten durchschleusen, obwohl sie pro Patient 20 Minuten Zeit hat. Mein neuer Psychiater handhabt das genau so. Endlich habe ich das Gefühl ernst genommen zu werden. Die blöde Kuh wusste nach 15 Jahren gar nichts über mich. Wie oft ich ihr erzählt habe, dass ich in einer Tagespflege für Senioren arbeite. Gefühlt, jedes Mal, wenn ich da gewesen bin. Also alle sechs Wochen. Sie wusste es bis zum Schluss nicht. Wenn ich darüber nachdenke, werde ich stinksauer. Sie hat nicht einmal so getan, als wüsste sie es. Es war ihr scheißegal. Auch dass ich die falschen Medis genommen habe, war ihr scheißegal.