Montagabend, 19.50 Uhr
Gleich wird es ruhiger … Ich freue mich auf die Ruhe. Nur das Ticken der Uhr, das Klappern der Tasten. Der Atem. Das leichte Rauschen des Laptops. Das zarte Licht ist nicht zu hören. Das Nachdenken auch nicht. Doch der Hauch an Worten, der aus meinem Mund strömt. Die Lippen bewegen sich leicht. Die Zunge befeuchtet sie ab und zu. Manchmal presse ich die Lippen aufeinander. Meine Handballen liegen zwischendurch auf der Kante des weißen Schreibtischs und warten geduldig ab, ebenso die Finger über der schwarzen Tastatur mit den weißen Buchstaben. Manchmal stütze ich meinen Kopf mit der linken Hand ab und warte auf die nächste Idee.
Doch noch spielt hier das Leben. Noch sind alle wach. Stimmen von nebenan. Die Flasche Wein noch nicht geöffnet, die Inspiration noch nicht fließend. Heute bin ich mit dem neuen Roman vorangekommen, ich kann morgenfrüh beginnen zu schreiben. Bis jetzt habe ich nur das Altgeschriebene gelesen. Ich bin gespannt, ob mir ein paar Sätze gelingen. 500 Wörter wären für den Anfang nicht schlecht. Eigentlich mehr, denn das Fundament steht ja bereits, ich muss nur drauf aufbauen. Sagen wir 1500 Wörter. Ich habe Bedenken, ob mir der Ansatz gelingt. Ob ich reinkomme in die Geschichte. Die Pause war lang. Fast zwei Monate. Andere Autoren schreiben in zwei Monaten ganze Bücher. Wenn ich beim Schreiben rauchen könnte, würde ich mehr schaffen. Durchs Rauchen wird Dopamin freigesetzt, somit Kreativität im Geist. Von mir aus könnte die Zigarre hier durchgehend glimmen. Nach wie vor: Ich brauche ein Schreibdomizil. Hat nicht einer von euch was zu vermieten? „Zigarrenraucher und Trinker sucht ein Zimmer (oder mehr) zum Schreiben.“ Am besten in der Nähe. Würde aber auch ne Wohnung in Hamburg in der Nähe der Reeperbahn nehmen. Arbeitswohnung. In Siena auch. Berlin? Warum nicht.
Ich habe mich entschieden, heute kein Glas Wein zu trinken. Ich möchte morgefrüh fit sein. Will mich ganz aufs Arbeiten konzentrieren. Vielleicht schreibe ich ja dann noch ein paar Zeilen im Blog. Erst mal Gute Nacht !
Dienstagmorgen, halb elf
Bin pünktlich um Viertel vor sechs aufgestanden. Ausgeruht. Hatte sogar Zeit, mal in die Zeitung zu gucken. Um acht habe ich meinen Sohn zum Kindergarten gebracht. Klar, mit dem Wagen. Kurz nach acht saß ich am Laptop und schrieb am Roman. Bis jetzt. 2272 Wörter – ich bin zufrieden. Bin auch gleich gut eingetaucht. Und ich hoffe, dass es so weitergeht. Heute ist der erste Morgen, an dem ich nicht mit meiner Mutter zum Arzt fahren musste. Das bringt natürlich jede Menge Zeit. Jetzt habe ich gerade meine Medikamente genommen, das heißt, in einer Stunde liege ich wieder im Bett. Schade, dass ich nicht durchhalte. Ich versuche die Müdigkeit und den Mittagsschlaf seit Jahren zu akzeptieren, so ganz gelingt mir das immer noch nicht. Wieviel ich doch auf die Reihe kriegen könnte, könnte ich wach bleiben. Meine Frau sagt öfter, ich beziehe ja nicht aus Spaß Rente. Viele Psychotiker bekommen Rente. Für viele Menschen sind wir natürlich Sozialschmarotzer, sollen uns mal zusammenreißen. Ist jetzt auch egal, ich will mich nicht beschweren. Ich lebe ein gutes Leben. Wenn ich die vielen Arbeiter sehe, die in ihrem Beruf nicht kreativ sein können, tun mir diese leid. Ihnen muss doch etwas fehlen. Ihnen bleibt aber oft gar keine Zeit darüber nachzudenken. Sie müssen ja was zu Essen und die Miete ranschaffen. Nicht jeder, der kreativ ist, hat eine Chance von seinem Schaffen zu leben. Es gehört Mut und Ausdauer dazu, Disziplin und der Glaube an die Sache natürlich unbedingt auch. Ich wünsche allen Menschen, egal, ob Künstler oder Kloarbeiter, viele gute und vor allem freie Gedanken. Es ist schön, wenn man etwas tut, das einem Freude bereitet. Zufriedenheit ist eines der größten Geschenke.
Viel Glück dabei !