Ich habe das Gefühl, wieder mehr und mehr zu mir zu kommen. Mehr zu sehen, mehr zu fühlen. Ich habe das Gefühl, wieder mehr wahrzunehmen. Zum Glück. Meine Fantasie war wie tot. In meinem Schädel ein einziges eintöniges Grau. In meinem Hirn Leere. F25 als Drehbuch umzuschreiben bedeutet eine Menge Arbeit, eine Menge Technik und Handwerk. Auch wenn das Buch als Buch längst steht, muss ich mich erneut in die Geschichte reinsteigern, damit sie für einen Film taugen könnte. Ich gehe zurück in das Jahr 1989. Nach Berlin. Nach Kreuzberg. In die Oranienstraße 49. Zwei Minuten bis zur buntesten Mauer der Welt. Moritzplatz. Oranienplatz. Kottbusser Tor. Linie 8. Ab in meine verdreckte Bude mit Kohleofen. Ich freue mich sehr auf die Erinnerungen. Meine große Liebe zu Alexa. Meine Freunde, die zu meinen ärgsten Feinden wurden. Gerne erinnere ich mich an die vielen Tage und Nächte mit Jan zurück. Daran, wie ich mich als neuer König, Weltenretter und Jesus fühlte. Heute bin ich froh, ein einigermaßen normales Leben zu leben. Auch wenn ich finde, dass man ab und zu ruhig verrückt sein darf. Wenn es im Rahmen bleibt, wenn man nicht total ausflippt und den Hang zur Realität verliert. Welche Realität überhaupt? Castanedas? Die Realität der Magie? Oder die Realität der Normalos? Die Realität der Politik? Der Wirtschaft? Die Realität, die wir versuchen, unseren Kindern beinzubringen? Welche soll denn das bitteschön sein? Ist Gott real? Gibt es Zufälle? Und wenn, was ist ein Zufall und was nicht? Was ist Schicksal? Gar Vorherbestimmung? Fragen über Fragen. Ich freue mich so sehr darauf, mich wieder ans Werk zu setzen. Björn sagte zu mir, schreib über Sachen, die du erlebt hast, vielleicht ist BLOCK nicht der richtige Stoff. Schuster, bleib bei deinen Leisten. Vielleicht hat er recht. Meine Fantasie hat bei BLOCK schon sehr bald gestreikt. Den Anfang sehe ich als gelungen, mehr aber auch nicht. Ausschließlich die erste Psychose bis zur Klinik werde ich als Drehbuch verarbeiten. Wenn mir dies gelingt, gelingt mir auch die Fortsetzung. Ich habe riesige Lust drauf! Wer könnte den jungen Marius spielen? Bringe ich ihn überhaupt so mit ein, dass seine Rolle zum Tragen kommt? Oder reicht es aus, frühere Konzerte von ihm einzublenden? Ich bin mir noch nicht sicher. Hatte er überhaupt einen Bezug zu mir? Oder war es wirklich nur reine Einbildung, dass er meine Gedichte gelesen hat? Ich würde ihn gern fragen. Wird es die Szene geben, als ich mir vorstellte, Marius, Carlos, Udo, Nena, Nina, Peter …, der Papst und Helmut Kohl sitzen im Hotel Intercontinental vor einer riesigen Leinwand und schauen mir auf meinem Weg zu? Hoffen darauf, dass ich den Weltfrieden bringe? Wird es Bilder aus China und Mexiko geben? Verrückt war die Zeit. Verrückt und schön. Und so voller Leid. Und so voller Angst. Die ersten Gedichte. Der erste Wahn. Verdrehte Welt. Marius als Gott. Ich als sein Sohn. Ich als sein Bruder. Was auch immer. Schizophrenie ist eine absolut interessante Sache. Man glaubt, alles zu verstehen, alles zu wissen, alle Zusammenhänge, das große Eine zu begreifen. Wer einmal einen LSD Trip eingeworfen hat, weiß, wovon ich spreche. Es ist so schade, dass ich bei so vielen Menschen unten durch bin. Der Eindruck eines Verrückten sitzt. Und bleibt sitzen. Krankhaft Verrückte verbreiten Angst und Schrecken. An dem Spruch, den ich schon 1990 hörte: Einmal Klapse, immer Klapse – ist was dran. Auf jeden Fall hast du dein ganzes Leben damit zu tun. Scheinbar gesund zu leben ist dein ständiger Begleiter. Ohne Medikamente geht es fast bei keinem. Rückfälle gibt es wie Sand am Meer. Einmal Klapse, immer Klapse.