Guten Tag lieber Udo,
ich habe keine Lust mehr mir Gedanken darüber zu machen, wie wir den Weltfrieden schaffen können. Ich habe 35 Jahre davon geträumt. Der Traum ist ausgeträumt. Ich habe aufgegeben. Nun ist es an der Zeit, mich um mich selbst zu kümmern, wozu ich viel mehr Lust habe. Ihr habt Schiss vor der Wahrheit. Ihr habt Schiss vor mir. Ihr stigmatisiert.
Die Welt ist nur durch die Kunst zu retten. Und leider nicht ohne Religion.
Am liebsten würde ich schreiben, leckt mich alle am Arsch. Ich bin enttäuscht. Euer Glaube ist so klein wie der einer Laus. Ihr labert und labert und singt und singt. Aber ihr denkt viel zu klein, obwohl ihr genau wisst, dass wir auf das Ende zusteuern. Oder ihr seid wirklich zu blind und taub. Ich nehme es an. Es interessiert mich nicht mehr, ob ich von meiner Schreiberei leben kann oder nicht. Inzwischen komme ich gut über die Runden. Jaja, ich weiß, ihr denkt, da ist wieder so ein fanatischer Typ, so ein Spinner, wovon es Tausende gibt. Ehrlich gesagt kotzt es mich an, so viel Geld in meine Bücher zu stecken, euch Künstler auch noch eines zu schenken, und niemals eine Antwort zu erhalten. Wie wichtig ihr euch doch nehmt. Viele von euch haben niemals richtiges Leid erfahren, keine richtige Angst, kein echtes Wissen. Aber schreibt und singt nur weiter und macht eure großen Shows. Kratzt weiter auf der Oberfläche rum. Du hast Großes bewirkt, und dabei ist doch nichts besser geworden im Großen und Ganzen. Macht weiter eure Augen zu. Westernhagen, Grönemeyer, Kunze … Ihr rafft nicht, dass wir es nur gemeinsam schaffen können. Ich bin es leid, zu glauben, dass die letzte Version vom Paradies auch nur einen von euch zum Handeln animiert. Boah.
Warum soll ich in diesem Brief ein Blatt vor den Mund nehmen? Ihr sterbt bald, habt vielleicht noch zehn Jahre, und dann? Na klar, gut möglich, dass ich viel eher sterbe. Ist aber nicht wichtig. Es geht nicht um den scheiß Einzelnen, verdammt. Es geht um alle Menschen. Die Natur wird sich nach und nach wieder erholen, zumindest, wenn wir alle ausgelöscht sind.
Heute fahre ich nach Hamburg. Lange habe ich überlegt, ob ich noch einmal das Atlantic betrete und versuche, dir eines meiner Bücher hinterlegen zu lassen. Wozu? Wozu mich anbiedern? Zwei Bücher werde ich dabeihaben und wenn ich reinschaue, dann spontan.
So, und nun leckt mich alle am Arsch! Ja, leckt mich am Arsch, ihr kleinen feigen Lichter!
Henning