An die Reichen

Mucho Guscho ist rund, es gibt nur noch wenige Ecken und Kanten wuerde ich sagen. Ich lasse den Roman jetzt so wie er steht. Es sei denn, es meldet sich ein Verlag, dann gibt es die Politur. Wer moechte ihn vorab lesen? Gebt mir Bescheid, warte auf Kritik. Traut euch bitte.—- Es ist kurz nach zwoelf in der Nacht, die Luft ist feucht, es ist aber nicht kalt, man kann gut draussen sitzen. Ich habe schon vier Stunden geschlafen, jetzt nehme ich mir fuer diesen Artikel noch ne Stunde Zeit. Mal sehen, ob mir etwas einfaellt, manchmal bin ich etwas leer. Ist nicht weiter schlimm, ich kriege die Nacht auch so rum, und ihr den Tag sicherlich auch ohne etwas von mir zu hoeren. Die ersten von euch muessen in diesen Minuten aufstehen, der harte Arbeitstag beginnt, ich hoffe, ihr packt das. Manch einer sitzt im Buero, andere sind Lehrer oder Handwerker, der naechste faehrt Bus … Jeder von euch ist konzentriert bei der Sache, jeder versucht seinen Job so gut wie moeglich zu machen. Hut ab. Ich kann nur schreiben und meinen Freunden ab und zu beim Renovieren helfen. Was kann ich noch? Ich habe lange als Buchbinder gearbeitet, hiess in der Werkstatt Mister Millimeter. Ich kann ausserdem nett sein. Auf jeden Fall sind das schon mal ein paar Dinge. Oh, ich kann traeumen. Ich kann mich total aufregen. Ich komme mit dem Auto von A nach B. Ich kann Musik hoeren, auch wenn ich nicht das beste Ohr habe. Ich kann lachen, wenn ich etwas lustig finde. Ich kann meinem Sohn ein zuverlaessiger Partner sein. Ich kann ihm Geschichten erzaehlen, ihm was vorlesen, ich konnte ihm die Windeln wechseln, ihm Fahrradfahren beibringen, ich kann ihn zum Lachen bringen. Ich kann rumspinnen, mich kicken, ich kann Dialoge schreiben. Es gibt bestimmt noch mehr Sachen. Tut gut, sich manchmal klarzumachen, was man alles kann. Jeder kann etwas besonders gut, jeder Mensch hat zu etwas Talent. Jeder sollte ein paar Minuten am Tag Dinge tun, die ihm gefallen, die ihn entspannen, die ihm wirklich Freude bescheren. Guckst du gern einen guten Film, guck doch. Du musst dir fuer dich Zeit nehmen, verdammt, ich hoere mich schon so an wie ein Esoteriker. Bete jeden Tag fuenf Minuten, stelle dir die Dinge bildlich vor, die du dir am meisten wuenscht und bete fuer sie. So was ist typisch amerikanisch, solche Buecher habe ich mit zwanzig gelesen. Du sollst also materielle Dinge anbeten, ist nicht verboten, schliesslich willst du reich werden. Oder nicht? Womit denn?, fragst du dich. Wenn du jung bist, stehen dir alle Wege offen, spaeter wird es komplizierter den Glauben aufrecht zu erhalten und an deinen Plaenen zu arbeiten. Ich kann so lange schreiben, wie es mein Hirn mitmacht, ich kann immer auf den einen grossen Knaller hoffen. Wie viele Interviews ich mir schon selbst gegeben habe! Und wie viele es dann schon wirklich geworden sind. Als Kind habe ich Autogrammeschreiben auf kleinen Zetteln geuebt, heute signiere ich Buecher. Auch habe ich mir immer vorgstellt, dass meine Buecher in einer Buchhandlung stehen, bei Decius findet ihr Im Wahn der Zeichen, zumindest steht da noch ein einziges Exemplar. Vorgestellt, dass ich ein Kind haben werde, habe ich mir nie, oder dass ich in einem grossen Haus wohne. Das ist mir mehr oder weniger zugeflogen. Aber ich stelle mir vor, einen Volvo zu fahren, ist ja nicht verboten. Vielleicht schaffe ich es bis zu meinem Lebensende. Und ich stelle mir vor, meiner Frau einen Beatle oder einen Mini zu schenken. Und ich traeume davon, ueberhaupt meine Freunde zu beschenken. Mit C in Berlin wuerde ich einen Plattenladen aufmachen zum Beispiel. Mitten in Neukoelln. Eine Herzensangelegenheit. Andere Freunde koennten mit Ideen zu mir kommen, an die sie glauben, diese Welt ist da, um sie zu erobern, nicht um Sklave zu sein. Ich weiss, die meisten Menschen kommen aus der Muehle nicht heraus, sie werde gemahlen und gemahlen, ich hab leicht reden. Ich bin verwoehnt, bin total materialistisch. Viele behaupten, dass sei der verkehrte Weg. Na ja, Hauptsache sie kennen den richtigen. Am Ende kommt es doch sowieso nur darauf an, ins Paradies zu kommen. Oder nicht? Klar, gesund zu bleiben, so lange es geht, sonst geht gar nichts. Ich habe ueberhaupt keine Lust zu sterben. Oder so schnell alt zu werden. Ich fuehle mich nicht alt, ich fuehle mich inspiriert und fuer das Leben bereit. Mit Hoehen und Tiefen, wie jeder andere auch. Henry Miller sagte, die armen Schriftsteller muessten sich an die Reichen halten, sie muessten unterstuetzt werden, er hielt sich oft im Kreise der Reichen auf und fand Unterstuetzung. Ich kenne auf jeden Fall ne Menge Leute, die mehr Geld haben als ich. Also wundert euch nicht, wenn ich euch eines Tages nach einem Kredit frage. Faende ich keinen Verlag, wuerde ich es schade finden, blieben meine Buecher achtlos liegen. Es waeren keine grossen Kredite. Also, wer mir 1000 Euro leihen kann, immer her damit. Es ist jetzt 1.15 Uhr, beim Schreiben rennt die Zeit. Haette ich zehn Menschen, die mit 1000 Euro leihen koennten, koennte ich mindestens 1000 Buecher drucken lassen. Das Geld wuerde wieder reinkommen, wuerde aber etwas dauern. Noch besser waere jemand, der sich um Lesungen kuemmert, der Pressearbeitet leistet, der hinter mir steht. Eine Agentur. Ich habe mal mit dem Gedanken gespielt, einen Verlag zu gruenden, was aber viel zu viel Arbeit macht. Den Verlag wuerde ich WahnArt-Verlag nennen, hat jemand Lust, der Geld und Zeit hat? Es gibt etliche Auflagen, an die man sich halten muss. Mir wuerde ein solches Projekt die Kreativitaet nehmen. Da trinke ich lieber ein Glaeschen Wein und schreibe, so wie jetzt. Leider muss ich ins Bett, damit der Tag morgen schoen wird. Ich werde jetzt einen Einschlaftee schluerfen und mich zurueckziehen. Ich wuensche euch einen wunderschoenen Tag und verbleibe mit freundlichsten Gruessen.

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