Alkoholiker

Freitagabend, halb zwölf.

Die ersten Damen und Herren aus meinem Freundeskreis machen sich Sorgen wegen meiner Alkoholabhängigkeit. Und auch werden Fragen laut, wie ich das Trinken mit meiner Krankheit vereinbaren kann. Wenn ich eines ganz, ganz selten tue, dann ist es, mich sinnlos zu betrinken. Ich mag es nicht zu lallen, zu torkeln, mich am nächsten Tag schlecht zu fühlen und nur noch die Hälfte zu wissen. Meistens trinke ich am Abend ein bis zwei Gläser Wein, oder auch mal einen oder zwei Whisky, Bier nur gelegentlich. Eher zum Grillen im Sommer. Und ich mag überhaupt nicht gern mit fremden volltrunkenen Menschen zusammensein. Ich genieße den leichten Rausch, gebe ich zu. Ich liebe den Geschmack von Wein und anderen alkoholischen Getränken, wie manche Cocktails. Ich wette, trinke ich ein paar Tage nicht, habe ich keine körperlichen Wehwehchen. Psychisch ist es etwas anders. Wie sehr ich mich auf ein Glas am Abend freue! Und selbstverständlich auch auf die Wirkung. Es ist wie das Zigarrerauchen: Habe ich die Gelegenheit und muss nicht draußen im Kalten sitzen, rauche ich öfter. Es stört mich aber nicht, ein paar Tage gar nicht zu rauchen. Aber dann freue ich mich auch wieder richtig drauf. Doch auch hier muss ich zugeben: Im Sommer rauche ich mehr. Ich trinke jeden Tag Kaffee. Morgens zwei Tassen, nachmittags zwei Tassen. Auch diesen genieße ich, rede ich mir ein. Aber ja, ich bin Alkoholiker, wenn man es genau nimmt. Oder Gewohnheitstrinker? Auf jeden Fall ein glücklicher Trinker. Ein Abend-Genießer. Ich liebe es, hier an meinem weißen Schreibtisch zu sitzen und leicht einen sitzen zu haben. Mich zurückzulehnen, alles, was ich geschrieben habe noch einmal in aller Ruhe zu lesen, bei einem weiteren Schluck. Gerne habe ich schummriges Licht an, das Ticken der alten Wanduhr von 1910, das Porträt Hemingways an der linken Wand …

Alkolkonsum mit meiner Diagnose ist in meinem persönlichen Fall okay. Ja, es soll Menschen mit Alkoholpsychosen geben. Mich macht das Trinken nicht spiritueller oder abgehobener. Ich will auch nicht behaupten, dass es mich erdet. Aber ehrlich gesagt bin ich mir sicher, dass es mir in Sachen Schizophrenie nicht in die Quere kommt. Und es ist so, dass die meisten schizophrenen Menschen nie etwas mit Drogen zu tun hatten. Da spielt eher die Genetik eine Rolle.

Drogen vertrage ich gar nicht. Seit 2001 habe ich keinen Joint mehr angerührt. Würde ich einen rauchen, könnte ich vermutlich gleich durch zur Klapse gereicht werden. Gerade Cannabis wirkt bei mir sehr psychedelisch. (Worüber sich die Menschen Gedanken machen, ehrt sie. Schön ist, dass sehr viele Menschen einfach ALLES wissen. Vielen Dank dafür!)

82 Menschen haben ihre Kommentare bei ZEIT-Online zu dem Artikel über mich abgegeben. Sehr interessant zu lesen für mich. Manche hacken auf dem Artikel und auf mir rum, andere nehmen ihn und mich in Schutz. Einige stellen irgendwelche Behauptungen auf. Bestimmt werde ich in den nächsten Wochen noch zu dem einen oder anderen Kommentar hier im Blog meinen Senf dazugeben. Ich freue mich drauf.

Ich bin heute Abend leicht deprimiert. Ich weiß gar nicht genau, warum. Vielleicht auch eher melancholisch. Wahrscheinlich. Aber das kennt ja sicherlich jeder. Dem einen ist es nur etwas bewusster. Man muss ja auch nicht immer gut drauf sein und den Supermann spielen. Man darf traurig sein. Finde ich jedenfalls. Gerade in seiner Familie muss man es dürfen. Allein sowieso. Und auch wenn ich jetzt noch ein paar Gläser Wein trinken würde, würde sich nichts an der Traurigkeit ändern. Manchmal weiß ich nicht, worüber ich traurig bin. Oft ist es aber die Erfolglosigkeit. Mein neuer Roman hat Stärken und Schwächen, Ecken und Kanten, nichts an ihm ist völlig glatt und rund. So ist mein Schreiben. So ist das Leben. Ich bin kein Paulo Coelho, lieber ein verquerter Denker, der gerne öfter glaubt, der meistgelesene Autor der Welt zu werden. Öfter, aber nicht immer. Zum Beispiel nicht, wenn ich traurig bin. Ich bin schon wieder in Schreiblaune … bla, bla, bla. Ich mag bla bla-Bücher verdammt gern. Nächtelang bla, bla … Es muss gar nicht so viel passieren, Hauptsache die Geschichte geht leicht weiter. Diese hier endet für heute Nacht. Ich gucke noch ein bisschen TV und lege mich dann schlafen.

Schöne Träume   !

Samstagabend, 20 Uhr. Hier ein kleiner „Jack Daniel’s-Text“.

Für die Nachwelt

„Ein Wunder, ein Wunder! Ich bin schwanger!“ – „Ja, das ist wirklich ein Wunder“, gab ich zu und schenkte mir ein Schluck Cola dazu. – „Und mein Gott, dabei war ich so besoffen!“ – Er mit Sicherheit auch, dachte ich. Es gibt wirklich noch Wunder. Was für ein Pech für diese Welt, und für die Nachwelt. Ich ging in mein Zimmer und schrieb ein paar Gedichte. An den den Roman wagte ich mich nach drei oder vier Gläsern nicht ran. Ob er überhaupt jemans fertig werden sollte, wusste ich nicht so genau. Gedichte, das kriegte ich noch hin. Am nächsten Morgen zerriss ich zwar einiges, aber dieses Gedicht hat’s ja wohl überlebt. Pech für die Nachwelt   .

Einen schönen Sonntag   !

 

 

 

Post navigation

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.