Stell dir vor …

Die Texte waren es, die mich verzauberten. Damals. 1990. Heute verzaubern mich die Texte von heute nicht mehr. Da verzaubert mich eher das Zwitschern vom Dach. Da verzaubern mich eher die Schwalben mit ihrem göttlichen Tanz. Ich fühle mich nicht mehr angesprochen von den neuen Liedern. Und würde ich mich angesprochen fühlen, wäre ich nicht in Ordnung. Zudem bin ich viel zu müde geworden, um mich angesprochen zu fühlen. Stell dir vor, ich würde noch einmal loslaufen – Hunderte von Kilometer – und das Ganze nur, um die Welt zu retten. Ja, nur. Stell dir vor, ich würde mir wieder einbilden, bliebe ich stehen, bliebe die Erde stehen. Die Schmerzen in Beinen und Füßen, so derb, als schlüge jemand mit einer Eisenstange darauf herum. Lieber nicht. Nein, lieber nicht. Stell dir vor, ich würde noch einmal glauben, ich sei Gott. Wie gottverdammt anstrengend! Mindestens ein halbes Jahr lang Psychiatrie. Ach herrje, wie bunt damals alles gewesen ist. Jedenfalls bis zur Ohnmacht. Jedenfalls bis zur Depression. Jedenfalls bis zur Wirkung des Psychopharmaka. Und die ganzen Vorwürfe – schrecklich. Heute schaue ich lieber in den Himmel. Heute schaue ich liebe über das Meer. So wie vorhin. Ich bin an der Ostsee.

Mir kam der Gedanke, dass es mir bestimmt gut täte, würde ich anfangen zu wandern. Und zwar schon sehr bald. Zuerst einmal im Deister. Über den Deister. Beim Wandern nimmst du die Zeit mit. Du läufst nicht gegen sie an. Du nimmst dir die Zeit, die du brauchst.

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