HANNOVER – ich bleibe !

Guten Morgen liebe Leute!

Nehmen wir mal an, ich fände jemanden, der mir professionell unter die Arme greift. Meine Bücher veröffentlicht, eine gute Anlage aufbaut, mit der ich meine Videos aufnehmen kann, mich für Lesungen verbucht usw. Nehmen wir mal an, ich könnte mir eine Wahlheimat aussuchen – Leute – ich würde in Hannover bleiben. In Linden meine Schreibwohnung und irgendwo am Stadtrand, gern südlich, ein Häuschen. Muss gar nicht groß sein, darf nur auf keinen Fall ein Neubau sein. Wir wohnen hier jetzt im Juni seit vier Jahren, und leider bin ich noch immer nicht angekommen. Ich habe noch nie gesagt, hier bleibst du bis zu deinem Lebensende. Das war in dem Haus davor, das ja leider abgebrannt ist, ganz anders. Da kam ich rein und wusste: Das ist es! Meiner Frau ging es genauso. Ältere Häuser haben Seele, da ist schon einiges passiert, ein Neubau muss erst belebt werden, und das kann Jahrzehnte dauern. Außerdem liebe ich es, Fahrrad zu fahren, von Biergarten zu Biergarten, um den schönen Maschsee herum, durch die Elienriede usw. Von hier aus ist es viel zu weit. Klar, ich habe den Deister vor der Tür, aber ich bin immer gern unter Menschen. Ich beobachte, quatsche, unterhalte und amüsiere mich – ich schreibe Geschichten, die das Leben hergibt, nicht der Wald. Will ich Ruhe haben, bleibe ich zu Hause – oder klar – gehe ich eben in den Wald. Wahlheimat – wie frei sich das anhört.

Nehmen wir mal an, ich dürfte für eine Zeitung zwei Kolumnen im Monat schreiben. Nehmen wir mal an – was ich noch cooler finden würde – ich dürfte für diese Zeitung Videos aufnehmen, wo ich direkt die Leute ansprechen dürfte, über die geschrieben wird. Zum Beispiel heute über Bushido. Und dafür würde ich sogar noch etwas Geld bekommen …

Schöne Vorstellungen kommen ganz spontan. Aber zum Glück überfluten sie mich nicht. Stefan Raab und Harald Schmidt und etliche andere Showmaster und Comedians haben das ja auch gemacht, und machen es immer noch. Aber ich hätte was völlig anderes, was ganz Neues auf Lager. Etwas, womit überhaupt niemand gerechnet hat. Kein Papst, keine Angela Merkel, kein Trump, keine Künstler, keine Fußballer, überhaupt noch niemand. Diese Story würde kein Ende nehmen. Voraussichtlich – man weiß ja sowieso nie, was und wie es kommt. Es kommt immer anders. Wozu ich im Augenblick gar keine Lust habe, ist es, die Wohnung meiner Schwiegermutter komplett zu renovieren mit giftiger Nikotin-Überdeck-Farbe und lösemittelhaltigen Lacken. Ich habe von März bis Dezember im Haus von Uroma geackert. Die vielen, vielen Stunden. Aber wenn man die Preise der Handwerksfirmen auf ihren seitenlangen Kostenvoranschlägen sieht, überlegt man natürlich schon – was kann ich selbst tun. Zum Glück hat mir ein guter Freund geholfen, vor allem hat er mich in erster Linie motiviert. Danke!

Nehmen wir mal an, meine Frau könnte zu Hause bleiben. (Sie hat mir übrigens gestern gesagt, dass sie natürlich den Blog doch liest), also meine Frau würde sich um unseren Sohn kümmern und den Haushalt schmeißen, die Arbeiten, die ich, so gut ich es eben hinkriege, erledige. Sie würde ihre Erfüllung mit Sicherheit in ehrenamtlichen Feldern finden, ebenso ganz Mama sein, und Gärtnerin, und sie würde mich immer auf dem Boden halten – sie ist der Pfeiler in meinem Leben, an den ich mich jederzeit anlehnen kann. Wir gehören zusammen bis zu unseren letzten Tagen. Meine kleine Familie. Meine Mutter würde ich auf jeden Fall auch mitnehmen in das neue Haus. Sie ist bis heute für mich da. Ihr kann ich vertrauen – immer.

Wisst ihr, was ich gestern festgestellt habe? Ich bin ein ganz, ganz unzufriedener Mensch. Ich bin nie zufrieden, es kann immer besser gehen. Selbst wenn sich keine Menschen mehr totschießen, bin ich vermutlich nicht zufrieden. Aber echt jetzt – ich bin glücklich! Ich bin ein glücklicher Mensch. Ein unzufrieden glücklicher Mensch. Nicht durchgehend, das ist ja klar. Aber auch nicht nur für Sekunden, sondern seit Jahren. In einer Psychose rief mir mal ein Obdachloser hinterher: „Du bist ein Glückskind!“ Ich dachte. Ja Mann, ich weiß! Und in dem Moment dachte ich, in allen Pennern und Obdachlosen steckt ein Engel. Sie schützen uns. Sie sind immer da – überall und nirgends.

Nehmen wir mal an, die WFA-D sollte wirklich eines Tages gegründet werden. Wisst ihr eigentlich, wie viele psychisch Kranke und Wohnungslose und Flüchtlinge eine Arbeit bekommen würden!

Ich mache jetzt Schluss. Fahre in die Raucherlounge uns paff ne Cigar, arbeite an der letzten Version vom Paradies. An den Gedichten von 2003.

Bis bald

In tiefer Verbundenheit

H. T.

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