Egoist

Jetzt sitze ich hier in meinem kleinen Zimmer und tippe ein paar Zeilen. Es ist halb zwölf in der Nacht. In meinem Zimmer ist es warm und gemütlich. Auf dem Schreibtisch steht ein Glas Rotwein und eine Kerze brennt. Gerade trinke ich den ersten Schluck. Auf den Weihnachtsmann! Auf die Engel! Auf Christus! Auf alle Götter, die es gibt! Ich bin dankbar. Und das kann ich auch sein. Ich bin nicht auf der Flucht. Ich muss nicht frieren, nicht hungern, nicht dursten. Wurde reich beschenkt. Durfte im Beisammensein meiner Familie den Heiligen Abend feiern. Ich denke an die Obdachlosen, die sich gerade in den Städten in einem Kaufhauseingang einen Schlafplatz ergattern. Und ich weiß – ich tue viel zu wenig Gutes. Das Gewissen plagt. Aber anscheinend nicht arg genug. Ich komme aus meiner Starre, aus meinem Egofilm, nicht heraus. Wahrscheinlich könnten wir alle viel mehr helfen als wir glauben. Als wir wollen. Wer ist denn von euch kein Egoist? Ich kenne niemanden, der nicht in erster Linie an sich selbst denkt. Jeder hat den Instinkt zum Überleben. Nur die aller Wenigsten scheiden freiwillig aus dem Leben. Und auch diese sind Egoisten. Ich bin dankbar. Dass ich leben darf. Dass es mir so gut geht. Mir geht es gut, auch wenn es mir schlecht geht. Und mir geht es schlecht, auch wenn es mir gut geht. Weil wir viel zu verwöhnt sind. Wir haben noch keinen Krieg beileibe miterleben müssen. Was nicht ist, oder war, kann ja noch kommen. Es gibt viele Dinge, die ich nicht verstehe. Ich bin nicht der Klügste.

Ich wünsche euch besinnliche und nachdenkliche Tage.

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