Die Friedenstaube

Die Ruhe in meinem kleinen Zimmer. Das Glas Rotwein. Das gedimmte Licht. Ich. Und du nebenan. Und du. Ich bin hier für mich. Ein paar Stunden am Abend. Zurzeit geht es mir okay. Ich versuche, nicht mehr als zweimal täglich Nachrichten zu hören. Nach wie vor meide ich bewegte Bilder. Ich ertrage es kaum, die flüchtenden Mütter mit ihren ängstlich weinenden Kindern zu sehen. Und ich sitze hier in meinem kleinen beheizten Zimmer und denke darüber nach, was ich tun kann. Na klar – spenden. Geld oder Sachspenden. Besser als nichts auf jeden Fall. Ich müsste es aber auch tun. Und nicht nur denken und labern. Wir hätten Platz für zwei Menschen, die in Not sind. Aber ich schaffe das nicht. Ich bin zu instabil. Bin froh, dass es mir gerade so geht, wie es mir geht. Jedoch hat mir meine Frau gesagt, dass man dazu angehalten wird, Flüchtlinge z.B. mit auf Ausflüge zu nehmen. Oder mit ihnen etwas zu spielen. Oder grillen, kochen, wandern … Dafür will ich gern offen sein. Wer weiß, was sich aus solchen Dingen entwickeln könnte. Ich will nicht nur zuhören und zusehen. Anpacken wäre angesagt.

Ich fühle mich klar und ausgeruht. Nicht manisch. Nicht depressiv. Und schon gar nicht psychotisch. Dennoch wache ich morgens mit einem dumpfen Gefühl im Bauch auf. Das Leben könnte so einfach und wundervoll sein. Es könnte so frei und unbeschwert sein. Und wir selbst machen es uns so verdammt schwer. Schießen uns gegenseitig tot. Nein, nicht nur gegenseitig – auf Frauen, Greis*innen und Kinder wird geschossen. In manchen Ländern werden Kinder zum Morden dressiert – natürlich für die „gute“ Sache. Mir fehlen oft die Worte. Es fällt mir schwer, gerade am Morgen, mit diesem dumpfen Gefühl im Bauch, einen einigermaßen optimistischen Beitrag zu schreiben. Es ist schön zu sehen, dass es so viele Friedensdemonstrationen auf der halben Welt gibt. Die weiße Friedenstaube wird als Symbol für die heile Welt immer mehr in den Vordergrund gerückt. Im Jahre 2003 habe ich die Weltfriedensgedichte verfasst. Dies sah ich als meinen Auftrag, als meine von Gott erwünschte Mission. Ehrlich gesagt frage ich mich nicht, warum mein Name Taube ist. Er hätte ja auch Meier und Schulz sein können. Mir glaubt niemand. An meine Gedichte glaubt kein Mensch. Kein Künstler, keine Künstlerin, kein Verlag, keine Pfarrer, keine Priester – einfach niemand. Warum nicht? Es wäre eine Leichtigkeit für einen Verlag, zumindest eine Veröffentlichung zu riskieren. Leider geht es bei einem solchen Projekt nur um Geld. Die Verlage spekulieren auf große Gewinne. Ich bin nicht wütend. Ich bin (heute Morgen) nicht traurig, nicht verzweifelt, nicht vergrämt. Ich verstehe es aber nicht. So geht es wohl jedem Schriftsteller, der von seinen Werken überzeugt ist. Ja, ich fühle mich als die Friedenstaube. Ich bin nicht Jesus, ich bin kein Engel, ich bin nicht Gott. Schlicht und ergreifend liegt hier „Die letzte Version … vom Paradies“. Natürlich sind größenwahnsinnige Gedichte darunter, schließlich bin ich ein Maniker. Vor einigen Tagen habe ich Frau Dr. Käßmann meinen Gedichtband zugeschickt. Sie hat geantwortet, mir gewünscht, dass ich den Weg zu Gott finde. Ja, das hoffe ich. Das wünsche ich jedem Menschen. Denn darauf kommt es (für mein Empfinden) am Ende an. Den Weg zu Gott zu finden. Den Weg zu Gott zu finden nach dem Tod. Auch im Leben, im Diesseits, kann der Glaube Kraft und Zuversicht schenken. Wir sollten etwas demütiger und dankbarer sein. Wir sollten die Zeichen der Zeit wahrnehmen und nicht „taub“ und „blind“ durchs Leben rennen. Vielleicht hat jeder nur die eine Chance in diesem Leben sich Gott zu nähern.

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