Auf der Mittellinie

Das Leben als Schriftsteller ist nicht so leicht, wenn man glaubt, dass einem die Poesie flöten gegangen ist. Doch liegt sie bestimmt noch tief im Verborgenen. Vielleicht gelingen mir ja heute Abend ein paar Sätze. Es müssen gar keine poetischen Sätze sein. Auf jeden Fall komme ich mit meinem Roman BLOCK Stückchen für Stückchen weiter. 10 Seiten sind es nun schon. Immerhin. Die Zeit der Gedichte scheint für mich auch gelaufen zu sein. Wie ihr wisst, und wie ich schon oft erwähnt habe, kann ich nur das schreiben, was mir gerade auf der Seele liegt. Ich kann mich nicht zum Schreiben zwingen. Und doch zwingt es mich tagtäglich zu meinem Schreibtisch hin. Wer oder was mich zwingt, kann ich nicht sagen. Doch ist es ein schöner Zwang. Gelingen mir einige Sätze, bin ich zufrieden mit mir und meinem Leben. Nicht immer müssen die Sätze tief unter die Haut gehen. Nicht immer müssen sie schön zu lesen sein. Zu schade ist es, dass ich es noch immer nicht vermag, ein ganzes Buch zu lesen. Zumeist habe ich nach zwei Seiten die Schnauze voll. Es gibt so viele gute Bücher. Bücher, aus denen ich lernen könnte. Seitdem ich das Aripiprazol nehme, habe ich höchstens zwei Bücher ganz durchgelesen. Und die Medikamentenumstellung liegt bereits vier Jahre zurück. In vier Jahren zwei Bücher. Als Schriftsteller sollte man lesen können. Als Schriftsteller sollte man sich in Geschichten hineinsteigern können. Na klar, mein Leben funktioniert. Und zum Glück funktionieren die Gefühle. Ich spüre Liebe. Ich spüre Wut. Und ich spüre Glück. Jeden Tag bin ich dankbar, dass es mir so geht, wie es mir geht. Gut. Oft aber entsteht die Kreativität aus dem Leid. Leid inspiriert. Richtig gelitten habe ich schon länger nicht mehr. Und nur ganz selten habe ich schlechte Laune. Ich will nicht sagen, dass zu viel an mir abprallt. Und ich will nicht sagen, dass mich zu viel berührt. Ich habe das Gefühl, auf der Mittellinie zu gehen.

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