Interview

Es ist neun Uhr. In einer Stunde geht die Sendung „Leute“ los. Wie ist es wohl, wenn ich mich selbst im Radio höre? Meine Stimme kenne ich von meinen beiden Hörbüchern. Das war am Anfang auch ganz neu, sich selbst zu hören. Es könnte passieren, dass ich das Radio ausschalte, wenn ich mich nicht mehr ertragen kann. Mal sehen. Ich werde euch nachher darüber berichten …

Zuhören ging. Sich selbst im Netz anzusehen, fällt mir schwer. Wie machen das Schauspieler, die sich selbst im Kino sehen? Sie müssen schon sehr von sich überzeugt sein. Oder gewöhnt man sich daran? Wird man cooler mit der Zeit? Ich habe mir jetzt nur den Anfang angeschaut – da grinse ich ja ununterbrochen. Na ja … Bisschen cooler wäre schon cool gewesen. Aber dafür habe ich nun mal gar nicht geschauspielert – ich war ehrlich. Ich hatte gar keine Zeit darüber nachzudenken, ob ich mir was aus den Fingern sauge. Die Fragen kamen schnell und direkt. Und die Antworten auch. Schauspielern ist also gar nicht so einfach, wie sich das wohl manch einer vorstellt. Aber einen Film zu drehen, ist auch wieder etwas ganz anderes. Ich habe letztes Jahr in Berlin in einem Kurzfilm von Oliver Rieche eine Komparsenrolle übernommen. Hat Spaß gemacht, war aber auch ziemlich anstrengend. Da musste ich aber auch nicht sprechen. Ein bisschen Mimik hat gereicht. Man muss sich überlegen, dass die Kamera jede Gesichtsregung aufnimmt. Der Kamera entgeht nichts. Kein Augenzwinkern, keine Zuckung der Lippe usw. Die Schauspieler müssen absolut kontrolliert ans Werk gehen. Kontrolliert und trotzdem Emotionen rüberbringen, sich mit der Rolle total identifizieren während des Schauspiels. Ich habe mich beim Interview mit mir selbst identifiziert – mit meiner Krankheit. Krankheit … Es ist eine. Und dies einzusehen, rate ich jedem Psychosebetroffenen. Bei manchen Schizophrenerkrankten dauert die Krankheitseinsicht über zwanzig Jahre. Manche sehen es auch nie ein. Ich habe zum Glück nur etwa zehn Jahre gebraucht. Und selbst danach habe ich immer wieder versucht, die Medikamente zu reduzieren oder auch ganz abzusetzen. Man muss damit erst mal klarkommen, ein Leben lang Medikamente nehmen zu müssen für eine Krankheit, die man nicht sieht. Deswegen können auch so viele außenstehene Menschen mit psychischen Krankheiten nichts anfangen.Ein Beinbruch kann man sich vorstellen. Krebs auch. Aber in den Kopf kann keiner reingucken. Was sich da im Hirn abspielt, ist ein Wunder.

Jedenfalls bedanke ich mich rechtherzlich für euer Zuhören, Lesen und Anschauen. Bis bald   !

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