Ich könnte, so glaube ich, derzeit einen Roman verfassen. Ich kann es aber auch lassen. Könnte Gedichte schreiben. Die sich reimen, hängenbleiben und so weiter. Ich könnte, wenn ich denn wollte, Songtexte aufs Papier knallen. Ich könnte ein Drehbuch schreiben. Ich könnte könnte könnte. Ich kann aber auch ganz einfach auf dem Teppich bleiben und versuchen, euch ein paar schöne Zeilen nahezubringen. Oder auch nicht so schöne. Ich könnte, wenn mir danach wäre, ein wenig plaudern – plaudern – in schriftlicher Form. Ich kann nicht schreiben was ich will. Wer behauptet, er könne schreiben was er wolle, sollte seinen Kram lieber nicht jedem zeigen. Möchtest du als Autor leben, möchtest du mit deiner Schreibe Geld verdienen, musst du die Leser packen. Du musst ihr Innerstes berühren. Ihr Herz zum Glühen bringen. Sie müssen sich tief in ihrer Seele angesprochen fühlen. Du musst sie aus dem Alltagstrott reißen, sie in deine Welt entführen. Bei mir schafft dies derzeit kein anderer Autor. Anscheinend bin ich in den letzten Monaten zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Ich kann mich auf kein Buch einlassen. Immerhin – auf Kinderbücher, die ich meinem Sohn vorlese – schon. Zum großen Glück. Ich weiß nicht, woran es liegt. Ich mag nicht lesen. Jedes Buch, das ich beginne, interessiert mich nach zwei Seiten nicht mehr. Schade. Auch Filme interessieren mich derzeit nicht wirklich. Lieber verbringe ich meine freie Zeit mit Gesprächen. Ich telefoniere jeden Tag mit Cupi in Berlin, manchmal zweimal täglich, bis zu zwei Stunden. Gerade im Gespräch, gerade im Gegenüber, kann man zu sich selbst finden. Die armen Menschen, die sich nicht austauschen können. Die armen Menschen, die sich isolieren. Im Gegenüber begegnest du einer wahren Göttlichkeit. Das Gegenüber kann ein Spiegel von deiner Seele sein. Öffne die Augen. Öffne den Mund und deine Ohren. Öffne dein Herz. Deine Seele. Begegne mit freiem Geist. Am besten in ganzer Klarheit. Ich habe beim Slam bemerkt, oder besser gesagt, danach, dass ich die Menschen nicht zum Lachen bringen muss. Ich kann es, muss es aber nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich was zu sagen habe. Klingt eingebildet, ich weiß. Sinnvoll ist es, so glaube ich, das Publikum abzuschätzen. Wie ist es gerade drauf? Was will es hören? Wenn du glaubst, den Menschen etwas zu sagen zu haben, spielt eine gewisse Ernsthaftigkeit eine wichtige Rolle. Vielleicht mit etwas verstecktem Humor. Mit Ironie kannst du auch ans Werk gehen. Aber glaub nicht, dass dich dann alle verstehen. Vermutlich könnte ich jetzt gerade ein Gedicht schreiben. Oder tatsächlich einen Roman beginnen. Ich könnte mich auch konzentriert meinen Kurzgeschichten hingeben, um endlich das nächste Buch zu vollenden. Es wären maximal sechs Wochen Arbeit. Ja, Arbeit. Denn das Überarbeiten der Texte bedeutet, dass man währenddessen nicht besonders kreativ sein kann. Da ist mir dieser Blogbeitrag heute schon lieber. Und doch höre ich jetzt schon auf.
Liebste Grüße
Henning