Die intensive Zeit ist vorbei

Ich nenne mich nicht mehr Schriftsteller. Ich nenne mich nicht mehr Schriftsteller zurzeit. Ich nenne mich nicht mehr Schriftsteller, weil ich momentan kaum schreibe. Ich nenne mich nicht mehr Schriftsteller, weil ich nicht ins Fließen gerate. Tatsächlich glaube ich, dass es das war mit der kreativen, fantasievollen, inspirativen Zeit. Alles geht einmal zu Ende. Manchmal trauere ich der Zeit hinterher, in der ich monatelang an einem Roman saß, im Flow war, im Tunnel verweilte und Tag für Tag die Geschichte vorantrieb. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass so eine intensive Zeit mich noch einmal über Monate, wenn nicht gar über Jahre beflügelt und mich hoffen lässt. Gerade überarbeite ich meine Jack Daniels-Gedichte und finde sie ziemlich langweilig. 2016 habe ich sie bei einigen Flaschen Jack verfasst, total beeinflusst von Charles Bukowski. Es bringt mir nichts, zu kiffen. Es bringt mir nichts, zu saufen. Breit oder besoffen – trotzdem fühle ich mich zu leer, um was Vernünftiges hinzukriegen. Ich denke, dass das nichts mit einer typischen Schreibblockade zu tun hat. Ich denke, das war es ganz. Vielleicht gelingt mir hin und wieder noch was Kurzes. Auch der Witz beim Schreiben ist mir abhanden gekommen. Und dennoch ist es okay so wie es ist. Ich bin nicht traurig. Ja, etwas enttäuscht schon. Öfter unzufrieden. Das Problem liegt darin, dass ich mich trotz der vielen freien Zeit, die mir jetzt bleibt, nicht aufraffen kann, andere wichtige Dinge zu erledigen. Gartenarbeit. Haushalt usw. Könnte ich mich in ein Buch hineinsteigern, so würde ich wenigstens lesen. Lass mich einfach optimistisch bleiben. Lass mir meine gute Laune. Ich liebe das Leben trotzdem. Ich liebe die Klarheit. Ich liebe den Humor. Ich liebe es, mich über Kleinigkeiten zu freuen. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und vorzulesen. Ich liebe meine Familie und meine Freunde. Ich liebe mein Haus, meine Terrasse, meinen Garten. Ich liebe meinen Kater. Natürlich liebe ich das Schreiben immer noch. Ich liebe diesen kleinen Text. Für diese wenigen Worte bin ich dankbar. Ich liebe es, abends einen Podcast zu hören und dabei einzuschlafen. Und ich liebe es, morgens ausgeruht aufzuwachen und aufzustehen. Ich liebe es, Musik zu hören. Ach, es gibt Liebe zuhauf im Leben. Schau dich um. Genieß den Tag, die Sonne, das Licht, den Wind, den Abend, die Nacht, die Träume. Wenn du im Leben über Jahre hinweg depressiv gewesen bist, und nun geht es dir wieder gut, weißt du die vielen Geschenke, die dir die Natur bietet, einfach zu schätzen. Hasse nicht. Missgönne nicht. Sei ruhig etwas neidisch und nimm dir ein Beispiel an den Menschen, die es in deinen Augen zu etwas gebracht haben. Die meisten von ihnen sind Kämpfer. Die meisten von ihnen sind Gläubige – sie glauben an sich selbst. Lauert der Hass in dir, strahlst du ihn auch aus. Lauert die Liebe in dir, strahlst du diese aus. Trag ein Lächeln über den Tag mit dir herum. Lächelst du ehrlich, erntest du ein ehrliches Lächeln. Ja, ich gebe einen großen Traum auf. Zumindest steht er nicht mehr im Vordergrund. Niemals sollte man sich zu wichtig nehmen. Denn dies habe ich ewige Zeiten lang getan. Mach dich nicht größer als du bist. Bilde dir nicht zu viel ein, sonst gerätst du in Schieflage. Bist du ein Schreiber, überleg dir genau, wem du deine Manuskripte anvertraust. Denk daran, dass zumindest das Anschreiben gelesen wird. Und zumeist auch das Exposé. Bleib bescheiden. Werde nicht gierig. Millionen Bücher werden geschrieben. Verlage und Agenturen werden zugeballert mit Schund. Sei nicht zu überzeugt von dir. Überarbeite alles, was du zu Papier bringst, zigfach. Auch die kürzesten Gedichte. Schick erst etwas von dir an einen Verlag, wenn du dir hundert pro sicher bist. Ich selbst habe es mir bei den großen Verlagen versaut. Und die kleinen Verlage wollen mich auch nicht veröffentlichen.

Ich wünsche euch einen wundervollen Start in die Woche.

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