Fröhliche Stille

Morgens um vier die fröhliche Stille in meinem kleinen Zimmer, die ich so sehr genieße und liebe. Niemand stört mich. Wenn mich jemand stört, so bin ich es selbst. Wenn mich jemand stört, so sind es meine Gedanken. Gedanken, die mich nicht weiterbringen. Gedanken, die mich auf der Stelle stehen lassen. Ich kämpfe um jeden Satz. Das Schreiben am Roman ist im Laufe der letzten Jahre wirklich zur Arbeit geworden. Auch das Lesen eines Buches ist leider schon lange nicht mehr das reine Vergnügen. Sosehr ich mich auch bemühe einzutauchen in eine Geschichte – kaum gelingt es mir. Und doch sitze ich hartnäckig Tag für Tag an meinem Schreibtisch und gebe mein Bestes. Es ist beinahe so, als müsse ich eine Tätigkeit verrichten, die mich nicht interessiert. Dabei muss ich doch gar nicht. Und doch muss ich. Schreiben ist mein Leben. Schreiben ist mein Atem. Schreiben ist mein Herzschlag. Wenigstens ein paar Sätze am Tag müssen zu Papier gebracht werden. Nun kann ich nachvollziehen, wie es Hemingway meinte, wenn er sagte, er habe zwei Stunden lang hart geschuftet. Ich muss atmen, ich muss essen und trinken, ich muss zur Toilette, ich muss eines Tages sterben – und ich muss schreiben. Sofort nach dem Aufstehen zieht es mich zu meinem Schreibtisch hin. Und jeden Morgen freue ich mich drauf. Und auch tagsüber, wenn es die Zeit zulässt, sitze ich hier in meinem Zimmer oder auf der Terrasse, um es erneut zu versuchen. Ich will nicht sagen, dass ich verzweifelt bin. Ich bin auch nicht traurig. Wütend? Deprimiert? Nicht wirklich. Glücklicherweise gibt es viele andere Dinge, über die ich mich freue.

Daran hat sich nichts geändert: Ich sitze. Ich warte. Ich warte auf Worte. Ich warte auf Gedanken, die mir einen gelungenen Satz schenken.

Dieser Morgen ist wundervoll. Schon jetzt, um acht Uhr, strahlt der Himmel in einem kräftigen Blau. Mein Körper fühlt sich gut an – ich habe über zehn Kilo abgenommen. Von mir aus können es noch einmal zehn werden. Der schwarze Kaffee schmeckt, die Zigarette kickt. Die Vögel zwitschern ihre Lieder. Und ich habe tatsächlich ca. 500 Wörter geschrieben.

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