Die totale Stille, am Morgen um halb fünf auf Daniels Terrasse in Thun. Es gibt nichts zu hören, aber schon eine Menge zu sehen. Straßenlaternen glänzen, Lichter spiegeln sich auf der Oberfläche des Thunersees. Wache ich auf, muss ich aufstehen, treibt es mich sofort zu meinem Notebook, um ein paar Sätze zu schreiben. Ich bin süchtig. Süchtig nach Nikotin, süchtig nach Koffein, süchtig nach Worten. Am liebsten säße ich jetzt hier mit einem Freund, um mich auszutauschen. Oder um einfach die Stille mit ihm gemeinsam zu genießen. Aber da niemand an meiner Seite ist, lasse ich meine Gedanken sprechen. Es sind nicht viele Gedanken, einfach sind sie zu fischen und auf dem Bildschirm erscheinen zu lassen. Statt am Abend nehme ich seit drei Tagen das Antidepressivum morgens, mit der Hoffnung, länger schlafen und träumen zu können. Scheint aber nichts zu bringen, spätestens um vier Uhr bin ich hellwach. Länger als fünf Stunden verweile ich nicht im Schlaf. Was ich feststelle, ist, dass meine Laune nach dem Aufstehen nicht sofort ganz so gut ist. Soll aber nicht heißen, dass sie schlecht ist.
Heute geht es wieder nach Hause. Ich habe die letzten vier Tage sehr genießen können. Vor allem die vielen intensiven Gespräche mit Daniel. Eines der Gespräche haben wir aufgezeichnet. Während des Sprechens ist mir wieder klargeworden, dass ich der Menschheit etwas zu sagen habe. Leider hatten wir nur fünfzig Minuten Zeit, da der Chip in der Kamera diese Zeitspanne vorgegeben hat. Lange bin ich nicht das losgeworden, was mir alles auf der Seele liegt. Was mich aber so sehr beflügelte, war, dass da jemand ist, der wirklich Interesse an meiner Lebensgeschichte hat. Was für einen Aufwand er doch betrieben hat! Drei Kameras, sechs Mikrofone und eine große Masse an Technik. Zwei ganze Tage vor dem Gespräch haben wir das Studio eingerichtet, damit die Aufnahme (wenigstens technisch) rund läuft. Bis auf einige Kleinigkeiten scheint alles gut geklappt zu haben. Allerdings bräuchte ich mehr Zeit und Raum. Ich hatte das Gefühl, mit jeder Minute schneller sprechen zu müssen, um jede Frage ausführlich beantworten zu können. Hinzu kommt ja, dass man doch von den eigentlichen Fragen so häufig abschweift. Ich bin Daniel unendlich dankbar, dass er diesen unglaublichen Aufwand für mich betrieben hat. Auf jeden Fall reise ich bald für ein zweites Gespräch an.