Ich bin heut Abend nachdenklich. Etwas melancholisch. In mich gekehrt. Ich denke an alte Freundschaften, an alte Freunde, die heute keine Freunde mehr sind. Alte Freunde, die zu mir – oder zu denen ich – den Kontakt abgebrochen habe. Im Leben ändert sich jeden Tag alles. Man selbst verändert sich jede Sekunde. Aus Fehlern lernt man. Sollte man jedenfalls annehmen. Menschen, die sich entschuldigen können, können den Hut vor sich ziehen. Menschen, die Entschuldigungen nicht annehmen können, sollte man da lassen, wo der Pfeffer wächst. Man muss akzeptieren, dass man bei ihnen unten durch ist. Dann schließ endlich auch du ab mit ihnen. Du hast deine Schuld eingesehen, hast dein Bestes versucht, dann sag dir jetzt: Gut – leck mich am Arsch! Mein Leben funktioniert auch ausgezeichnet ohne dich. Dennoch ist es ein Dämpfer, den du nicht so schnell wieder loswirst. Du denkst an die guten alten Zeiten. An das, was ihr zusammen durchgemacht habt, denkst an das, was euch immer verbunden hat. Ihr kennt euch seit eurer frühesten Jugend. Und es war ja nicht einfach nur ein Kumpel, irgendwer, mit dem du nur ein paarmal gesoffen hast. Du hast mit ihm gekifft, gekokst, hast mit ihm in einem Bett geschlafen, bist mit ihm zusammen verreist usw. Vergessen wirst du ihn nicht. Niemals. Er spielt in deinem Leben immer noch eine Rolle. Du denkst daran, was er dir alles erzählt hat, was er dir alles anvertraut hat. Und du hast sein Vertrauen verraten. Du bist in seinen Augen ein Verräter, ein Arschloch. Du hast ihn zutiefst verletzt. Aber über die Hintergründe, warum du sein Vertrauen zunichte gemacht hast, denkt er anscheinend nicht nach. Oder eben zu wenig. Wie gesagt – man lernt dazu. Ich habe schon immer zu viel gequatscht. Schon damals bei den Bullen. Schon damals bei vielen guten Freunden. Ich gebe dir einen guten Tipp: Vertrau keinem alles an. Es gibt Dinge, die musst du mit dir selbst und – wenn du einen hast – mit deinem Gott klarmachen. Dein Gott wird dich niemals verraten. Wenn, dann wirst du es selbst tun. Es kann befreiend sein. Es kann aber auch einen Menschen vernichten. Auf meinem Schreibtisch steht ein Spruch von Goethe: „Was bin ich denn gegen das All?“ Wir alle machen Fehler. Denk als erstes an deine eigenen. Keiner ist perfekt. Keiner ist makellos. Gelogen. Betrogen. Geldgeilheit. Gierig. Süchtig. Wer von uns war das noch nie? Es gibt Menschen, die das von sich behaupten können. Gehörst du auch zu ihnen? Dann schätz dich glücklich. Dann kannst du deinem Gott stets in die Augen gucken. Jesus Christus hat selbst dem verziehen, der ihn zum Tode verurteilt hat. „Denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Und was bilden wir uns ein! Wir sind nicht Jesus. Wir benehmen uns aber wie Götter. „Was bin ich denn gegen das All?“ Wie groß wir uns fühlen. Wie machtgeil wir sind. Wie geldbesessen. Ach, was haben wir früher zusammen gelacht! Nächte zu Tagen werden lassen. Hellwach. Wir haben füreinander gesorgt. Zumeist entsteht Hass aus Liebe. Vorbei. Wir bilden uns dermaßen was auf uns ein, wollen für so viele Menschen die Lehrer sein. Und guck uns an. Was ist aus uns geworden? Fast schon sind wir alte, fette Krüppel. Wir sehen uns auf irgendeiner Beerdigung wieder. Und dann?
So, genug über alte Freundschaften geschwafelt.