Ich habe keine Lust mich zu zwingen. Jedenfalls nicht, wenn es ums Schreiben geht. In der Kunst solltest du völlig frei ans Werk gehen. Frei und voll purer Lust. — Es ist warm heute. Ich sitze um 10 Uhr 45 mit freiem Oberkörper am Terrassentisch und hacke auf die Tasten. Kein Schimmer, was ich schreiben werde. Auf jeden Fall genieße ich erst einmal die Stille und meinen freien Vormittag. Werde mir einen Mangosaft verdünnen, eine Zigarette rauchen, und warten – wieder einmal auf Worte. Sie werden schon kommen, sie werden kommen, wie jeden Tag, wenn ich drauf warte. Als Schriftsteller brauchst du Geduld, Ausdauer und Disziplin. Seit langem habe ich gestern Nacht ein paar Gedichte von Bukowski gelesen, die mich auf der Stelle inspiriert inspirierten. Ich sollte unbedingt endlich meine Jack-Gedichte überarbeiten und einen Band aus ihnen hervorzaubern. Immerhin ist es mein Ziel aus jedem Skript vor meinem Tod ein Buch fertigstellt zu haben – als Nachlass für meinen lieben Sohn. — Mir ist heute tatsächlich etwas langweilig, und das, obwohl ich gerade schreibe. Würde ich jetzt nicht am Laptop sitzen, hätte ich Druck, etwas schreiben zu müssen. Das Leben ist paradox, komplex und voller Widersprüche. Es liegt sehr viel an, doch zu nichts kann ich mich aufraffen. Zum Beispiel könnte ich das Dach meiner Gartenhütte neu eindecken, oder massenhaft Unkraut ziehen, den Rasen schon wieder mähen, das verdammte Carport in Ordnung bringen… Zig Sachen fallen mir ein. Aber nein, da langweile ich mich lieber beim Warten – auf Worte. Ein Spaziergang würde sicherlich guttun. Wer soll das verstehen? Genervt bin ich tierisch, wenn ich nicht zum Schreiben komme. Ich werde jetzt die Anlage aufreißen und mich rasieren, einen Spritzer Parfüm auflegen und singen.
Zwei Tage später.
Gestern ging es mir beschissen. Heute dafür fantastisch. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich vor 23.00 Uhr nicht zu Bett gehen sollte. Ich benötige sechs bis sieben Stunden Schlaf, mehr nicht. Schlafe ich also um 22 Uhr ein, wache ich spätestens um 5.00 Uhr auf, manchmal um vier – und stehe ich zu früh auf, ist der Tag fast immer im Arsch. Heute bin ich um halb sechs aufgestanden und alles war in Ordnung. Ein aktiver Tag liegt hinter mir. Und tatsächlich arbeite ich an den Jack-Gedichten, was mir wirklich große Freude bereitet. Zudem bin ich heute auf Tagebücher aus dem Jahr 2007 gestoßen; es war das Jahr, in welchem ich zum letzten Mal in der Psychiatrie gewesen bin. Lang lang ist es her. 2011 habe ich noch einige Wochen wegen Hypomanie und Depressionen in der Tagesklinik verbracht. So rasend schnell vergeht die Zeit, man kommt kaum hinterher. Der Körper altert, die Seele wird mit jedem Tag reifer. Man lernt dauerhaft dazu. Jetzt ist es 22 Uhr 18, ich trinke ein Glas Weißwein, rauche eine Zigarette und genieße die Ruhe.
Nichts Interessantes habe ich zu Werke gebracht. Deswegen setze ich mich noch einen Augenblick an die Gedichte. Bis die Tage!