Was ist normal?

Ausgeglichen sollte man zu Werk gehen. Aber schon mit Elan und Freude. Jede Tat sollte bewusst geschehen, kontrolliert. Ich mache viel zu viel unbewusst, verträumt, unkonzentriert. Höre oft nur halb oder auch gar nicht zu. Da rein, da raus. Nichts zwischengelagert. Meine Gedanken hängen sonst wo, nur nicht im Hier und Jetzt. Deswegen vergisst man auch so viel. Was wollte ich noch mal? Ich bin doch jetzt extra deswegen in die Küche gegangen … Weswegen gleich noch? Die meisten Unfälle im Straßenverkehr passieren durch Unaufmerksamkeit. Zeitmangel, nur schnell ans Ziel kommen. Auf Minuten kommt es an. Ach, was schreib ich hier eigentlich! Ich bin jedem dankbar, der meine Zeilen liest und sich ein paar Minuten in eine andere Welt tauchen lässt. In meine Gedankenwelt. Die manchmal ziemlich verrückt ist. Doch dann auch wieder ziemlich normal. Aber was genau verrückt ist, ist nicht ganz leicht zu beschreiben. Es gibt viele Arten der Verrücktheit. Natürlich die krankhafte Verrücktheit. Das ist der Wahn. Der Realitätsverlust. Das Abspalten von der Normalität. Jetzt soll mir aber mal jemand den Begriff „Normalität“ erklären. Was ist normal? Vielleicht ist meine Mutter normal. Sie hat früh geheiratet und zwei Kinder bekommen. Dann war sie Jahrelang Hausfrau und begann schließlich in einer Krankenversicherung zu arbeiten. Bis zur Rente. Abends ab 19 Uhr läuft der Fernseher. Sie hat eine kleine Terrasse und ein Beet für Blumen. Alles sehr gepflegt. Jede Woche wird die Wohnung gewischt, gesaugt wird öfter. Sie ist nie aufgefallen, nie aus der Reihe getanzt. Aber trotzdem ist sie nicht normal: Der Putzwahn ist zwanghaft.  Egal. Ganz ehrlich, ich weiß nicht, was ganz normal ist. Es gibt die Norm. Alles was da reinpasst, gilt als normal. Die Norm wurde von unsereins festgelegt. Die Norm hat sich über Jahtausende entwickelt. Es gibt so viele kleingeistige Menschen, die als normal gelten. Die aber total bescheuert sind. Die sich auch noch normal fühlen. Ich jedenfalls möchte nicht normal sein. Ich mein, so ganz normal. So langweilig. Das Leben wäre mir zu öde. Ich muss unter Menschen, ich muss öfter da hin, wo was los ist. Klar, ich kann auch gut allein sein – gerade beim Schreiben geht es ja nicht anders. Aber wenn ich nicht schreibe, bin ich liebend gern mit anderen Leuten, mit Normalen oder Verrückten, zusammen. Selbstgespräche habe ich oft genug in meinen Krankheitsphasen gehalten. Ein Gegenüber ist schon wertvoll. Austausch. Diskussion. Gemeinsamkeiten. Zusammen spinnen. Träumen. Arbeiten. Im Team kann man ne Menge schaffen.

Also, wenn mir jemand sagen kann, was „normal“ ist, den bitte ich, mir das zu schreiben. Ich werde auf jeden Fall darüber nachdenken. Ein schönes Wochenende.

Und hier noch die Wochenend Jack Daniel’s Story:

APPETIT

Wir lagen noch im Bett. Es roch nach uns. Sie war 26 Jahre jünger. „Es ist besser, wenn du jetzt gehst“, sagte ich und zündete mir ne Zigarre an. Ihr Lächeln war stärker. Ihr Körper auch. „Okay“, sagte ich. „Noch diese eine Nacht.“ Als sie schlief, setzte ich mich an die schöne Contessa und hackte auf die Tasten. Sie schnarchte. Ich versuchte im Rhythmus zu bleiben. – Als das Gedicht fertig war, goss ich mir einen rein. Und gleich noch einen. Danach wurde mir langweilig. Ich konnte sie aber nicht wecken. Dann wäre sie wieder wütend geworden und hätte nach mir gschlagen oder mit Sachen geworfen. Also rief ich Zuruf an. Sie holte mich ab. Ich wartete auf den Treppenstufen vor der Haustür. – Als ich nachmittags nach Hause kam, hing sie vor dem Fernseher und aß Pizza vom Bringdienst. Ich hatte guten Appetit und setzte mich neben sie   .

 

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