SLAM 1

Ein Gläschen. Eine Zigarette. Keine Inspiration. Mir fehlen die Worte, die Orte, die mich tragen zur Poesie. Mir fehlt die Tiefe, das Wissen, auch wenn ich gerissen durchs Leben zieh. Allein oder zu zweit, ich bin soweit, dass ich sagen kann, dass ich ihn tragen aber nicht fangen kann, den Bumerang, der mich verfolgt. Ich versuche es nun mit Liedern, die mir zuwider, aber Geld bringen – könnten. Eins neunzig, sagt die Tante an der Kasse bei Aldi Nord, den Ort, den ich kenne wie meine Westentasche. Oder besser – wie meine Ginflasche. Der Mitesser, den du auf der Nase trägst, der prangert wie eine Lampe, die ohne Motten steht. Sie steht allein. Sie strahlt trotzdem. Es scheint, als habe sie Augen, die glauben, sie könnten dich fangen, hypnotisieren, dabei kastrieren sie dich – und du schreist ein letztes Mal, als säßest du im Abendsaal – bei Butter und Brot. Nichts entgeht deiner Schärfe, auch kein Jesus in seiner Not. Du glaubst, du seist er und kniest dich über den Tellerrand, bei vollem Verstand verstehst du nichts als Bahnhof – armer Philosoph. Und nichts gegen die Russen, sagst du. Und nichts gegen irgendeinen Menschen, klagst du. Und nichts gegen dich – und haust ihm einen in die Fresse -, als säße Luzifer vor dir gemütlich bei einem Glas. Das war’s, denkst du noch und schon ist das Loch metertief in deinem Kopf. Du schließt es mit einem Pflaster, doch dein Hirn sickert über den Gehweg, unter der Lampe, die alleine steht. Du hebst es auf, das Hirn, es sagt danke, du sagst, gern geschehn, und setzt es wieder ein. Bringt aber nichts. Bringst gar nichts, nicht mal einen Witz, der dich selbst zum Lachen zwingt, denn dein Grips stinkt wie zwei Meter unter der Erde eine frische Leiche. Viel zu sehr strengst du dich an, um die richtigen Worte zu finden. Die richtigen? Du schaust im Telefonbuch nach. Und danach versuchst du es mit Nietzsche. Du greifst aufs Telefonbuch zurück und gleich darauf versuchst du es wieder mit Nietzsche. Er hat noch immer dieselbe Nummer. Du lässt es klingeln. Es klingelt. Du wachst auf und sagst: Was für ein Tag. Was für ein beschissener Tag. Dein Chef ist in der Leitung und schreit dich an, du wärst und seist sein bester Mann, auf den er nicht verzichten will. Und ganz still wird es in der Leitung. Du bist enttäuscht von Nietzsche. Du hast dir mehr versprochen. Öffnest die Flasche Gin, nimmst einen kräftigen Hieb und liebst sofort den guten Geschmack. Noch eine Zigarette. Doch eine Inspiration. Keine Worte. Auch nicht bei Aldi Nord für zwei fünfzig. Also doch noch eine Flasche für einen Zehner. Geht doch, denkst du dir still, es kommt wie es will, nicht wie es muss. Nie kommt es, wie es muss. Wie es müsste, sie küsste dich, da warst du gerad zehn. Unentwegt denkst du an die alte Zeit zurück und hast einen stehn.

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