Ich träume davon …

Es ist 23 Uhr 30. Mir ist danach, noch ein paar Zeilen zu schreiben. Der Tag heute war fabelhaft. Mit BLOCK geht es ganz langsam voran. Ich freue mich auf morgenfrüh, ich hoffe auf ein paar gelungene Sätze. Eben bei einer Zigarette habe ich davon geträumt, dass ich einen Vorschuss von 10.000 Euro bekomme. Natürlich war es nur eine kurze Träumerei. Eine traumhafte Sequenz. Ein Wunschdenken. Frei und unabhängig wäre ich auch dann noch lange nicht. Mein Traum der Freiheit bedeutet für mich, dass ich mich über mehrere Monate zum Beispiel in ein Hotel einmieten könnte. Oder ich würde mir eine kleine Wohnung mieten. Gerne in Hannover. Einen Ort, der zu meinem Arbeitsplatz wird. Ich träume so etwas gern. Ich träume es und weiß gleichzeitig, dass es irreal ist. Noch. Ich träume es und glaube an den Traum. Ich glaube an meine Bücher. Ich glaube daran, etwas Großes zu schreiben. Ich glaube, ich habe schon etwas sehr Großes geschrieben. Die vielen Gedichte. „Die letzte Version … vom Paradies“. Noch nie habe ich ein einziges Gedicht an einen Verlag geschickt. Was auch immer mich davon abhält – ich weiß nicht, was es ist. Ich glaube zwar, dass die Gedichte etwas Großes sind. Aber ich glaube auch, dass sie niemand veröffentlichen möchte. Warum ich das glaube, ist mir nicht klar. Ich glaube an die Gedichte. Es sind göttliche Verse. Es steckt unglaublich viel Wahrheit in jenen Zeilen. Vielleicht werden sie veröffentlicht wenn ich tot bin. Bis dahin schaffe ich es hoffentlich alles gut vorzubereiten. Vor dem Tod sollte alles klar sein. Das Zimmer sollte aufgeräumt sein. Alles liegt fein säuberlich übereinandergestapelt. Oder alles ist auf einer einzigen Festplatte gesichert. Sie liegt bereit. Der Verlag muss sie nur öffnen. Gedichte. Drehbücher. Romane. Die Autobiografie. Kurzgeschichten. Alles sortiert und geordnet und vor allem zu Ende gebracht. Keine Fragen sind mehr offen. Und mein Sohn kann aus den Vollen schöpfen. Mein Sohn ist finanziell unabhängig. Wenn ich es nicht für mich geschafft habe, dann für ihn. Ach ja, was für ein schönes Denken! Frei macht mich das bloße Denken daran leider noch lange nicht. Sind meine Sachen denn so schlecht, so schlecht und so uninteressant, dass sie niemand, wirklich niemand veröffentlichen will? Das glaube ich nicht. Das kann ich nicht glauben. Es gelingt mir nicht so zu glauben. Würde ich so glauben, zöge ich mich in den Abgrund. Ich bräuchte keine Zeile mehr zu schreiben. Ich schreibe nicht nur für mich. Ich schreibe für dich und dich und dich. Ihr seid meine Leser*innen. Du bist meine Leserin. Du bist mein Leser. Es gibt Menschen, die begleiten diesen Block seit über fünf Jahren. Ihr kennt mich depressiv. Ihr kennt mich hypomanisch und manisch. Ihr kennt mich psychotisch. Ihr kennt mich traurig, wütend und glücklich. Ihr kennt mich klar und verwirrt. Ihr kennt mich besoffen. Ich bin ein aufgeschlagenes Buch für euch. Ihr kennt mich verletzend. Und ihr kennt mich entschuldigend. Ihr kennt mich suchend. Ihr kennt mich flehend. Weinend. Jammernd. Ihr kennt mich erfolglos und ihr kennt mich ein wenig erfolgreich. Und viele von euch kenne ich gar nicht. Ich werde in China, in den USA, in Österreich, in der Schweiz, in Irland, in der Türkei und sonstwo gelesen. Manchmal wundere ich mich. Ihr haltet euch zurück mit Kommentaren. Ihr gebt mir von euch nichts preis. Hier und da mal bei Facebook ein Daumen nach oben, ein Herz usw. Mehr nicht. Ich träume davon, vor vielen Menschen zu lesen. Euch etwas vorzulesen. Euch etwas zu erzählen von mir. Weckt mich nachts auf – ich lese euch etwas vor.

Gute Nacht

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