Ein paar Sätze. Ein paar Zeilen. Der Himmel ist schwarz. Die Regentropfen prasseln aufs Dach. Das Gras glänzt. Ich rauche eine Zigarette. Trinke ein Glas Rotwein. Der vorletzte Tag meines Urlaubs an der Ostsee. Ich bin entspannt. Erholt. Ausgeruht. Ganz leer. Noch leerer als vor der Reise. Doch es hat sich etwas getan in meinem Kopf. Ein ganzes Stück freier fühle ich mich. Ruhiger. Ausgeglichener. Am Freitag habe ich eine Lesung besucht. In Heiligendamm. Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre haben aus ihrem gemeinsamen Buch gelesen. Vor vier Jahren haben sie sich im Grand Hotel kennen- und schätzen gelernt. Martin Suter ist ein unglaublich sympathischer Herr von 74 Jahren. Er wirkt ganz bescheiden. Strahlt Freundlichkeit aus. Benjamin wirkt eher nervös. Checkt die Leute. Ist sehr schlagfertig. Beide wohnen für einige Zeit im Grand Hotel in Heiligendamm. Wie fühlt man sich, wenn man es sich leisten kann, dort Urlaub zu machen? Man scheint unter sich zu sein. Mich hat die Lesung anscheinend inspiriert. Eine Idee für eine neue Geschichte ist entstanden. Zudem saß ich gestern und heute mal wieder am Roman BLOCK. Ich weiß nicht, wie oft ich schon die ersten 20 Seiten überarbeitet habe. Sie veränderte. Und sie jedesmal in Ordnung fand. Die Sätze werden kürzer. Knackiger. Vielleicht gelingt es mir ja doch, eines Tages das Buch zu beenden. Mich drängt niemand. Zum Glück. Ich habe keine Lust mehr auf Show. Am liebsten bin ich ich. Und bleibe ich. Es ist egal, was ich gerade schreibe. Ob Lyrik, Prosa oder gar ein Drehbuch. Ich will mich nicht verbiegen. Für Niemand. Einfach ich selbst sein. Scheiß auf den Zigarren-Macho. Freundlich sein. Hilfsbereit sein. Offenherzig. Zurückhaltend. Entgegenkommend. Respektvoll. Sympathisch.
Nun geht der Urlaub zu Ende. Und die Arbeit beginnt. Natürlich würde auch ich gern im Grand Hotel in Heiligendamm wohnen und schreiben. Mit dem weiten Blick über die Ostsee. Ohne Zeitdruck. Allerdings würde der Blick über den Maschsee mir vollkommen ausreichen. Wasser – egal ob ein Bach, ein Teich, ein See, ein Fluss oder ein Ozean – hat magische Kräfte. Wasser inspiriert. Ich bin durch hohe Wellen getobt. Habe Steine gesammelt. Bin getaucht und geschwommen. Habe das Salz geschmeckt. Und saß ganz still vor der scheinbar endlosen See. Weiße Segelboote glitten dahin. Fette Frachter standen still.
Heute Abend bin ich etwas traurig. Wehmütig. Fühle mich einsam. Mir ist zum Verkriechen. Doch möchte ich den Abend nicht schon beenden. Trinke noch einen Schluck Wein. Werfe die Kippe ins Glas. Streichele mir übers Haar. Strenge meine Augen an. Höre dem Regen zu. Schreibe Satz für Satz. Gleich ist es halb zwölf. Doch Zeit fürs Bett.
Gute Nacht