Besinnlich

Heiliger Abend, 22 Uhr 30

Besinnlich. Geschenke über Geschenke. In Flüchtlingslagern knabbern Ratten Babys an, weil alles kalt und nass ist. Verrückte Welt. Verrückte Menschen. Kranke Menschen. Es geht um Macht. Um Geld. Egoisten. Jesus würde die Galle übergehen. Prüfung? Keiner, den ich kenne, würde sie bestehen. Ich schon mal gar nicht. Hier in meinem warmen gemütlichen Zimmer. Bei einem Glas Wein, bei Kerzenschein, wenn ich wollte, bei schöner Musik. Fußbodenheizung. Laptop. Fernseher. Besinnlich. Weltfrieden. Waffen werden geschoben bis in die letzten Winkel. Milliardenbeträge. Kohle. Zaster. Money. Atme ich aus, rieche ich nach Zigarre und Wein. Die Kohle wird verpafft. In die Luft geatmet. Die Luft verpestet. Millionen lungenkranke Menschen. Sämtliche Formen von Krankheiten durch den ganzen Dreck und Schmutz. Durch Fleisch und Zucker, Fett, Kippen, Alkohol und andere Drogen. Besinnlich. Besinnlich. Eine Polenente bei Aldi für 5,99. Corona. Hunger. Durst. Umwelt. Klima. Wie fühlst du dich? Wie fühle ich mich? Vollgefressen. Vollgeraucht. Vollgetrunken. Und dann wieder die Gespräche bei meiner Therapeutin. Was ich schreibe, interessiert nicht. Du liest mich trotzdem. Aus Neugier. Weil du mich kennst. Weil du wissen möchtest, wie es mir geht. Ganz gut, muss ich sagen. Trotz der Umstände. Trotz Krankheit. So krank fühle ich mich momentan gar nicht. Du etwa? Die Tastatur. Es ist nicht wichtig, was ich schreibe. Es ist nicht wichtig, dass du mich liest. Du bekommst keinen Orden. Humbuck. Ich muss schreiben. Ich möchte es. Ich will schreiben, die Tasten klacken hören. Weil ich mich wichtig nehme. Klugscheißer. Ich meine mich. Wie fühlt sich ein Schriftsteller? Schriftsteller. Schriftsteller?

Kriegerkind

Ich würde mich gern Krieger nennen, doch bin ich es nicht wert, warum muss ich den Weg verkennen, der meine Taten ehrt? Warum bin ich nicht zart in Wort und Schrift, es geht so oft ums Beglücken, für den Krieger schamloses Gift, er würde nie sein Herz entrücken. Auf die Seite des Frevelhaften, auf die Seite meiner Phantasien, es sind nicht viele, die den Weg ins Kriegerlicht schafften, warum, o Herr, hast du mir meine Lüste verliehn? Ich würde mich gern Krieger rufen, der seine Tat vorzüglich trifft, den die Engel des Himmels schufen, allein durch Gottes Schrift. So war ich einst ein Krieger gewesen, als Kind im zarten Alter, und nun könnt ihr all meine Sünden lesen, ich selbst bin mein Wortverwalter. Und es interessiert mich kaum, ob ich eine Frau verführ, ich genieße jeden Traum, in dem ich ihre Weichheit berühr. Ich wiederhole mich in Wort und Schrift, der Krieger tut das nie, niemals ist seine Tat verhext, er lebt in weiser Magie. Auch ich möchte ein Krieger sein, ich kenne seinen Weg, o, könnt er mir sein Wesen leihn, welches er hegt und pflegt. Schon der Gedanke an eine Lüge erfüllt ihn mit furchtbarer Strafe, und wenn ich auch über Wissen verfüge, so ist es Betrug, wenn ich mich nicht selbst entlarve. Wenn ich so tue, als wäre ich weise, ich könnte es tun, als falscher Prophet, meine Schrift wäre klar, mein Wort wäre leise, und jede Tat von mir ein pures Gebet. Ich wäre gern ein Kriegerkind, im Lichte würde ich wandeln, mein Tut wäre klar wie reinster Wind, ich könnte meine Seele nicht länger verschandeln. Lass mich bitte Krieger nennen, und nimm mir jede Schuld, ich will mich gänzlich zur Wahrheit bekennen, in aller Stille, in aller Geduld.

Der Himmel blau, heute, am ersten Weihnachtstag.

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